
Der Bausektor spielt eine Schlüsselrolle bei der Nachhaltigkeit
Die Gebäude, in denen wir leben und arbeiten, tragen erheblich zum CO2-Ausstoß bei und haben einen großen Einfluss auf das Klima. All diese Gebäude nachhaltiger zu gestalten, ist eine Herausforderung für Bauindustrie und Bauträger – die aber Innovationen und Chancen für Investoren mit sich bringt, meint Judith Sanders, Investmentstrategin bei ABN AMRO.
Eine Möglichkeit, auch große Einkaufszentren für Spatzen und Fledermäuse attraktiv zu gestalten, ist eine grüne Fassade inklusive Vogelhäuschen. Der niederländische Immobilienentwickler Unibail-Rodamco Westfield hat ein solches Einkaufszentrum gebaut und damit bewiesen, dass es tatsächlich funktioniert. Das Gebäude ist dank unterirdischer Wärme- und Kältespeicher energieeffizient. So werden die Einkaufsbereiche im Sommer mit Wasser aus einem nahegelegenen Fluss gekühlt, bevor die Wasserwerke es zu Trinkwasser aufbereiten.
Nachhaltiges Bauen
Überall auf der Welt arbeiten Bauträger und Bauunternehmen daran, neue und bestehende Gebäude energieeffizienter und insgesamt nachhaltiger zu gestalten, um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen. Immerhin werden im Jahr 2050 noch 80 Prozent der heute existierenden Gebäude stehen. Bis dahin müssen laut Klimaschutzabkommen alle Gebäude CO2-neutral sein.
Intelligente grüne Dächer
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind Gebäude für mehr als 37 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Notwendigkeit nachhaltigeren Bauens hat bereits zahlreiche Innovationen in diesem Sektor hervorgebracht. Für alle Gebäudekomponenten gibt es mittlerweile nachhaltige Alternativen, zum Beispiel intelligente Systeme, die die Wärme und Kälte der Erde nutzen, oder begrünte Dächer. Diese entziehen der Luft nicht nur CO2, sondern sparen dank ihrer Dämmeigenschaften auch Energie. Keramische Dachziegel haben eine besonders lange Lebensdauer, sind witterungsbeständig und können Wärme gut speichern. Dadurch wird viel weniger Energie benötigt, um ein Gebäude zu kühlen oder zu heizen.
Schub für Innovation
Höhere Energiepreise steigern die Attraktivität energieeffizienter Immobilien und fördern nachhaltige Innovationen – ebenso wie die europäische Gesetzgebung. Derzeit werden beispielsweise Vorschriften vorbereitet, die die Vermietung von Gewerbeimmobilien mit dem Energielabel C oder schlechter erschweren. Unternehmen müssen auch transparenter über die Auswirkungen ihrer Prozesse berichten; zum Beispiel über die CO2-Emissionen, die mit der Produktion und dem Transport der verwendeten Baumaterialien verbunden sind. Nicht zuletzt sollte ersichtlich sein, welche Auswirkungen der Klimawandel auf ein Gebäude haben wird, z. B. ob es widerstandsfähig gegen Überschwemmungen ist.
Materialauswahl
Größere Transparenz erleichtert Unternehmen, Investoren und Verbrauchern nachhaltigere Entscheidungen. Der nächste Schritt ist das zirkuläre Bauen, um Rohstoffe effizienter zu nutzen. Die Gebäude werden mit einem Materialpass versehen, in dem die verwendeten Materialien erfasst werden – eine wichtige Voraussetzung, um das Recycling zu vereinfachen. Das ist wichtig, da ein großer Teil der durch Gebäude verursachten CO2-Emissionen auf die verwendeten Materialien und (Bau-)Prozesse zurückzuführen ist. Baustellen verursachen traditionell viel CO2 und Stickstoffdioxid, aber die Elektrifizierung ist hier in vollem Gange. Auch die modulare Bauweise trägt dazu bei, Bauen nachhaltiger zu machen.
Lebenswerte Städte
Intelligentes Bauen und Renovieren verringert die CO2-Emissionen. Intelligente Städte können darüber hinaus die Nachteile der Verstädterung eliminieren. In Städten ist es im Durchschnitt um vier bis acht Prozent wärmer als in ländlichen Gebieten. Bis 2050 werden jedoch voraussichtlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Um diese lebenswert zu halten, sind Investitionen in energieeffiziente Gebäude erforderlich. Denn innovative Lösungen, zum Beispiel energieeffiziente Kühltechnologien für emissionsarme Gebäude, können Hitzestress in Städten reduzieren.
Werte bewahren
Die Bau- und Immobilienbranche steht aufgrund der immer strengeren Vorschriften vor großen Herausforderungen. Alle möchten in Gebäuden arbeiten und leben, die energieeffizient und komfortabel sind und die den Auswirkungen des Klimawandels standhalten. Die Vorreiter in diesen Sektoren machen sich dies zunutze. Bauträger, Bauunternehmen und Zulieferer, die mit gutem Beispiel vorangehen, haben die Chance, zusätzliche Marktanteile zu gewinnen. Auch Immobilieneigentümer profitieren davon: Nachhaltige, energieeffiziente und klimaresistente Immobilien behalten langfristig ihren Wert.
Judith Sanders ist Investmentstrategin bei ABN AMRO. Sie ist eine erfahrene Anlagespezialistin mit besonderem Schwerpunkt auf nachhaltigen Investitionen.