
Grauzonen bei ESG-Investitionen
Bei ESG-Investments gibt es nicht nur richtig oder falsch. In dieser Rubrik betrachten wir in jeder Ausgabe des Magazins ein Investitionsdilemma aus der ESG-Perspektive.
Dieses Mal befassen wir uns mit Herausforderungen bei Investitionen in die Lachszucht.
Während man jahrhundertelang glaubte, dass Fische keine fühlenden Wesen sind, hat die wissenschaftliche Forschung das Gegenteil bewiesen.1 Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse am Wohlergehen der Fische.
Da wir versuchen, unseren Fleischkonsum zu reduzieren, wird Fisch oft als umweltfreundliche Alternative angepriesen, da Fische im Vergleich zu Hühnern oder Kühen Futter effizienter in Muskeln oder Eiweiß umwandeln. Der Fischkonsum könnte bis 2031 jährlich um 1,4 Prozent zunehmen.2
Um die Bestände im Meer zu schonen, wächst die Fischzuchtindustrie. Obwohl dies eine gute Nachricht für die Wildfischpopulation ist, ist es eine eher schlechte für die Zuchtfische. Wenn Lachse beispielsweise in Freiwassergehegen gezüchtet werden, sind sie anfällig für Krankheiten und Parasiten. In manchen Fällen werden die Lachse zur Bekämpfung von Seeläusen für einige Sekunden in warmes Wasser gelegt. Das verursacht aber Stress und Schmerzen bei den Fischen. Eine Alternative ist, Putzerfische in die Becken zu setzen. Diese ernähren sich von den Läusen auf der Haut der Lachse. Viele Putzerfische sind jedoch nicht für das Leben diesen Gehegen gewappnet und sterben in großer Zahl.
Um die Probleme bei der Aufzucht in offenen Gewässern zu überwinden, werden die Fischfarmen der neuesten Generation an Land gebaut. In solchen Landfarmen kann das Wasser zu fast 100 Prozent gefiltert und im Kreislauf gehalten werden. Darüber hinaus bleiben die Fische vor Seeläusen und anderen Krankheitserregern geschützt.
Allerdings gibt es hier ein Dilemma für ESG-Investoren. Fischfutter ist in der Regel sojabasiert. Sojabohnen werden in Regionen wie Südamerika angebaut, wo in großem Umfang Wälder abgeholzt werden, um Platz für den Sojaanbau für Tierfutter zu schaffen. Außerdem muss das Wasser in den Becken von Fischfarmen an Land künstlich auf der richtigen Temperatur gehalten werden, was viel Energie erfordert. Schließlich ist die Fischzucht an Land eine sehr intensive Zuchtform mit einer hohen Dichte an Fischen pro Kubikmeter. Unter dem Gesichtspunkt der Tiergesundheit ist die Fischzucht an Land jedoch wohl besser als die traditionelle Fischzucht.
1 Fish Welfare in European Aquaculture, Eurogroup for Animals, Juli 2018, Seiten 7-8. Im Jahr 2009 hat die Europäische Kommission anerkannt, dass „es inzwischen genügend wissenschaftliche Beweise dafür gibt, dass dass Fische fühlende Wesen sind und dass sie Schmerzen und Leiden erleiden insbesondere wenn sie getötet werden.“
2 OECD-FAO Agricultural Outlook 2022-2031, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/dc15c640-en.pdf?expires=1731925275&id=id&accname=guest&checksum=ED74AEE6C46F04E64680DB855F43287D