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Marktbericht: Russlands Einmarsch in die Ukraine belastet die Finanzmärkte

Mit der Verschärfung des Russland-Ukraine-Konflikts steigt die Ungewissheit

Der Russland-Ukraine-Konflikt verschärft sich und hinterlässt seine Spuren in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten. Die Ungewissheit ist groß: ein guter Zeitpunkt, um die aktuellen Szenarien und ihre Auswirkungen auf die Aktienmärkte zu prüfen.

Vor einigen Wochen beschlossen wir, unsere Allokation in Aktien zu reduzieren, indem wir die Allokation auf neutral zurückgesetzt haben, nachdem sich die wirtschaftlichen Aussichten aufgrund des Inflationsdrucks und der restriktiveren Haltung der Zentralbanken eingetrübt hatten. Wir hatten allerdings nicht erwartet, dass sich der Russland-Ukraine-Konflikt so sehr verschärfen würde.

In den Fragen und Antworten, die wir letzte Woche veröffentlicht haben, haben wir darauf hingewiesen, dass sich die Märkte im Falle geopolitischer Auseinandersetzungen in der Vergangenheit meist schnell erholen konnten. Das kann in der aktuellen Situation auch immer noch passieren. Allerdings ist die Eskalation dieses Mal weiter fortgeschritten als in den letzten 75 Jahren, was die Wahrscheinlichkeit einer schnellen Erholung verringert. 

Szenarien betrachten

In unsicheren Zeiten ist es hilfreich, verschiedene Szenarien zur Entwicklung des Krieges zu betrachten. Seit der Verschlechterung der geopolitischen Lage haben wir uns auf drei Szenarien konzentriert, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft skizzieren. Das Basisszenario beschreibt einen vorübergehenden Preisschock, ausgelöst durch stark steigende Rohstoffpreise. Das negativere Szenario des Angebotsschocks und das noch schlimmere Szenario des schweren Angebotsschocks beschreiben Situationen, in denen es zu unterschiedlich lang anhaltenden Versorgungsunterbrechungen auf den Rohstoffmärkten kommt. 

Im Folgenden werden wir unsere Ansichten über die Auswirkungen der verschiedenen Szenarien auf die Aktienmärkte darlegen. (Diese Szenarien werden wir auch immer wieder aktualisieren).

Auswirkungen Preisschock Angebotsschock Schwerer Angebotsschock
Aktienmärkte insgesamtPositiv/Neutral Negativ Negativ 
Regionale AllokationAbhängig von der Geschwindigkeit der DeeskalationUS-Aktien werden sich besser entwickeln als europäische AktienUS-Aktien werden sich besser entwickeln als europäische Aktien

Wie viele der schlechten Nachrichten sind bereits eingepreist?

Im Preisschockszenario erwarten wir eine Seitwärtsbewegung oder eine Erholung der Aktienmärkte. Der Unterschied liegt vor allem darin, wie schnell eine Deeskalation eintreten wird. Unserer Ansicht nach haben die Märkte derzeit die negativen Auswirkungen des Preisschockszenarios eingepreist. Am Freitag schlossen die Aktienmärkte in Europa mit einem Rückgang von 17 % seit Jahresanfang und in den USA mit -9 %.

Nach der Erklärung von US-Außenminister Antony Blinken vom Wochenende über einen möglichen Importstopp  für russisches Öl beginnen die Anleger jedoch, die Möglichkeit eines Angebotsschocks vorwegzunehmen, wobei Europa erneut unter Druck gerät und der Ölpreis zwischenzeitlich an 130 US-Dollar herangekommen ist. Angebotsschockszenarien sind jedoch keine beschlossene Sache, da einige europäische Länder diesen Vorschlag bereits zurückgewiesen haben.  

Sollten wir die regionale Aufteilung ändern?

Was die regionale Allokation anbelangt, so haben wir seit Beginn des Konflikts eine deutlich niedrigere Performance europäischer Aktien gegenüber US-Aktien beobachtet, da die meisten wirtschaftlichen Auswirkungen in Europa zu spüren sein werden. Im Falle einer schnellen Deeskalation erwarten wir eine Umkehr und eine Outperformance Europas gegenüber den USA. Sollte die Situation jedoch länger andauern oder ein schwerwiegenderes Szenario eintreten, erwarten wir, dass die schlechtere Performance Europas über einen längeren Zeitraum anhalten wird. 

Eine oft gestellte Frage ist, ob es nicht besser wäre, unsere Position gegenüber europäischen Aktien zu reduzieren. Wir halten weiterhin an unserer neutralen Haltung gegenüber Europa fest. Die Gründe dafür sind zum Teil in unseren Einschätzungen zu den verschiedenen Szenarien zu finden. Es gibt jedoch noch weitere erwähnenswerte Faktoren, die für europäische Aktien sprechen. Die Bewertung europäischer Aktien ist niedriger als die US-amerikanischer Aktien: Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis auf der Grundlage der realisierten Gewinne werden die europäischen Aktienmärkte mit 15 gehandelt, verglichen mit 20 für die US-Aktienmärkte. Auch bei der Aktienrisikoprämie (die Höhe der Rendite, die Anleger für das Eingehen von Aktienrisiken erhalten) gibt es einen klaren Vorteil für die europäischen Märkte, denn die Aktienrisikoprämie liegt jetzt bei 6,2 %.

Was sollten Anleger tun?

Abschließend empfehlen wir weiterhin eine neutrale Allokation in Aktien, auch wenn wir mit anhaltender Volatilität rechnen bis die Unsicherheit nachlässt. Wir glauben, dass die Märkte die negativen Auswirkungen des aktuellen Preisschockszenarios eingepreist haben. Im Falle einer weiteren Eskalation bestehen jedoch Abwärtsrisiken. Wir werden die Märkte weiter beobachten und Sie auf dem Laufenden halten. 

Richard de Groot - Global Head Investment Centre
Olivier Raingeard - Globaler Leiter der Aktienstrategie