
Investieren für die Zukunft
Kinder sind unsere Zukunft. Bei Investments werden ihre Interessen jedoch häufig vernachlässigt. Es gibt aber eine neue Initiative der UNICEF, die Judith Sanders, Anlagestrategin bei ABN AMRO, aufmerksam beobachtet: Child-Lens-Investing.
Investieren aus Sicht der Kinder bedeutet, deren Wohlergehen und Rechte in den Mittelpunkt zu stellen. Neben komplexen Themen wie Kinderarbeit geht es auch um sehr praktische Dinge in unserem unmittelbaren Umfeld. Beispielsweise sind immer mehr Neuwagen mit einem eingebauten „Kindersitz” ausgestattet – kleine Anpassung, große Wirkung: Die höhere Sitzposition sorgt dafür, dass der Sicherheitsgurt richtig sitzt, und reduziert so eine der häufigsten Ursachen für Verletzungen bei Kindern. Weltweit wächst das Bewusstsein für die Sicherheit von Kindern, aber es geht nur langsam voran. Kinderorientierte Investoren können dazu beitragen, diesen Prozess zu beschleunigen. Ihnen sind nicht nur die finanziellen Erträge wichtig, sondern auch, wie Unternehmen dazu beitragen, eine lebenswerte und gerechte Welt für Kinder und Jugendliche zu schaffen.
Keine Kinderarbeit
Manche professionelle Investoren eruieren die Möglichkeiten von Child-Lens-Investing und globale Hilfsorganisationen begrüßen diese Entwicklung sehr. UNICEF veröffentlichte für diesen Ansatz 2023 ein Regelwerk inklusive Instrumenten zur Messung positiver Auswirkungen. Dieser Ansatz wird zunehmend in ESG-Anlagestrategien (ESG = Environment, Social, Governance) integriert.
Investitionen in kinderorientierte Bereiche wie Ernährung, Gesundheitsversorgung und Bildung können mittelfristig attraktive finanzielle Renditen erzielen. Ein gut diversifiziertes Portfolio, das Investitionen in solche Segmente umfasst, reagiert möglicherweise weniger empfindlich auf starke Kursschwankungen. Denn Unternehmen, die sozial verantwortungsvoll handeln, sind weniger anfällig für Reputationsschäden, die durch Kinderarbeit oder ähnliches in der Lieferkette verursacht werden.
“„Kinderorientierte Investitionen helfen nicht nur Kindern, sondern tragen zu einer nachhaltigeren Zukunft für alle Generationen bei.“”
Medikamente und Ernährung
Immer mehr Unternehmen beziehen das Wohlergehen von Kindern in ihre Geschäftstätigkeit ein. In der Pharmaindustrie stellt sich eine besondere Herausforderung: Die Entwicklung von Medikamenten für Kinder ist oft schwieriger als für Erwachsene. Für viele Pharmaunternehmen hat die Entwicklung von Medikamenten für Kinder daher eine geringere Priorität. Nur wenige Unternehmen verfolgen einen anderen Ansatz.
Ein Beispiel aus einem anderen Geschäftsbereich ist eine Supermarktkette, die sich auf ein breites Sortiment an gesunden Bio-Lebensmitteln konzentriert, und so einen Gegenpol zum typischen Supermarktsortiment mit vielen ungesunden und stark verarbeiteten Lebensmitteln bietet.
Wasser: keine Selbstverständlichkeit
Unternehmen spielen auch eine Rolle bei der Wasserversorgung von Kindern. Das ist wichtig, denn laut UNICEF hat jedes fünfte Kind nicht genug Wasser, um seinen täglichen Bedarf zu decken.1Dagegen könnenTechnologien eingesetzt werden, die bei der Reinigung und Wiederaufbereitung von Wasser helfen, beispielsweise Wasserreinigungspulver.
Zugang zu Technologie
Wissen über Bildungsprogramme zu vermitteln, kann Kinderarbeit im Kakaosektor abschaffen. Manche Unternehmen unterstützen Schulen und Universitäten dabei, ihre digitalen Kompetenzen zu verbessern. Voraussetzung dafür ist ein besserer Zugang zu Technologie für benachteiligte Kinder und Gemeinden, indem sie kostenlose Laptops oder Tablets erhalten.
Auswirkungen für alle
Child-Lens-Investing hilft nicht nur Kindern, sondern trägt zu einer nachhaltigeren Zukunft für alle Generationen bei. Die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum sind beträchtlich, beispielsweise im Bildungsbereich. Bereits 2019 schrieb der Internationale Währungsfonds (IWF), dass Schwellenländer einen Aufschwung erleben könnten, wenn – unter anderem aufgrund besserer Bildung – mehr junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. In einer Veröffentlichung des IWF aus 2025 heißt es, dass ein Anstieg der Beschäftigung um drei Prozent zu einem Anstieg des realen BIP um etwa fünf Prozent führen könnte.2
Das Engagement für Child-Lens-Investing ist unterschiedlich je nach Branche, Region und Art des Unternehmens. Politiker, Unternehmen, Verbraucher und Investoren können diesen Prozess beschleunigen – durch Zusammenarbeit und wohlüberlegte Entscheidungen.
1 Pressemitteilung UNICEF, März 2021 (www.unicef.org/rwanda/press-releases/one-five-children-globally-does-not-have-enough-water-meet-their-everyday-needs)
2 Diskussionsnotizen des IWF-Stabs, Januar 2019 (www.imf.org/en/Publications/Staff-Discussion-Notes/Issues/2019/01/18/Work-In-Progress-Improving-Youth-Labor-Market-Outcomes-in-Emerging-Market-and-Developing-45130)