
Nachhaltigkeit bei Immobilien-Investitionen
Viele Immobilienakteure stehen aktuell unter enormem Anpassungsdruck. Wie gelingt nach einem langen Boom die Anpassung an ein stark verändertes Umfeld? Folgen von Corona wie die Unsicherheit über den künftigen Bedarf an Büroflächen führten neben gestiegenen Baukosten, Ukrainekrieg, Energiekrise und einem unerwartet dynamischen Zinsanstieg ab Mitte 2022 zu einem Einbruch bei den Immobilienumsätzen und zu einer spürbaren Korrektur der Preise. Doch trotz all dieser Herausforderungen dürfen Investoren die Nachhaltigkeitsaspekte bei der Immobilienanlage nicht aus dem Blick verlieren. Die Märkte werden ein neues Gleichgewicht finden; die Aufgabe, den Immobilienbestand zukunftsfähig zu machen, wird bleiben.
Dabei ist Nachhaltigkeit nicht nur ein ökologisches Thema. Vielmehr gewinnt es im Portfolio- und Risikomanagement zunehmend Einfluss auf die Performance. Neben den gesetzlichen Anforderungen an die energetische Qualität und Emissionen von Gebäuden müssen auch sich verändernde Marktbedingungen berücksichtigt werden. Mieter von Gewerbeimmobilien achten zunehmend auf ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance), d. h. ökologische und soziale Qualitäten sowie Aspekte einer nachhaltigen Unternehmensführung. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die ihrerseits aufgrund von EU-Bestimmungen verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeits-Aktivitäten zu berichten. Gebäude, die ein positives ESG-Scoring aufweisen, erzielen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Objekten, die eine eher geringe ESG-Qualität mit sich bringen. Die Wertschätzung der Mieter drückt sich in höheren Mieten und geringerem Leerstand aus.
Auch bei der Finanzierung von Immobilien ist eine Differenzierung spürbar. Banken sind aufsichtsrechtlich gefordert, bei der Kreditvergabe mögliche Risiken zu berücksichtigen, die sich aus dem Klimawandel ergeben könnten. Die Institute sind daher bestrebt, die Qualität ihres Kreditportfolios auch in dieser Hinsicht zu verbessern. Für Käufer und Bestandshalter von Immobilien mit unzureichender energetischer Qualität kann dies zu einem Wettbewerbsnachteil führen, der sich in einem eingeschränkten oder mit Risikozuschlägen belasteten Finanzierungsangebot ausdrückt.
Schon heute ist spürbar, dass langfristig orientierte Investoren wie Versicherungen oder Rentenkassen diese Aspekte bei der Ankaufsprüfung berücksichtigen. Gebäude mit unzureichender Qualität fallen durch das Raster oder werden mit Preisabschlägen für Sanierungskosten, Marktrisiken oder regulatorische Defizite belegt. Der Kreis von potenziellen Käufern solcher Objekte wird zunehmend kleiner, die Veräußerbarkeit eingeschränkt.
Folglich sind Bestandshalter gefordert, die Qualität ihres Portfolios neben den traditionellen Parametern wie Makround Mikrostandort, Funktionalität und Vermietungssituation auch unter Nachhaltigkeitsaspekten zu überprüfen, wenn sie keine Wettbewerbsnachteile bei der Finanzierung, Vermietung oder einem späteren Verkauf erleiden wollen. Als erster Schritt eignet sich eine umfassende Bestandsaufnahme und die Ermittlung relevanter Kennzahlen. Daraus lässt sich ein etwaiger Handlungsbedarf erkennen, der in einen in der Regel mehrjährigen Maßnahmenplan übergeleitet werden kann. Diesen gilt es, mit den eigenen Finanzierungsmöglichkeiten sowie geeigneten Förderprogrammen abzustimmen. Das Ergebnis kann die Sanierung ebenso wie den Verkauf von Objekten oder eine Umschichtung des Portfolios umfassen. Letztlich gilt es, das Thema Nachhaltigkeit neben allen weiteren Immobilienkriterien dauerhaft als weiteren Bestandteil in das Portfolio- und Risikomanagement zu integrieren. Eine rechtzeitige und konsequente Herangehensweise hilft, die Zukunftsfähigkeit des Portfolios zu sichern und Vermögenswerte zu bewahren.