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Wochenkommentar: Zölle, Zinsen und Quartalszahlen

Die Ankündigung eines Handelsabkommens zwischen den USA und der EU hat die Unsicherheit bezüglich eines möglichen Handelskrieges gedämpft. Das Abkommen erwies sich jedoch eher als Rahmenvereinbarung, und das Fehlen konkreter Details dämpfte den Optimismus an den Aktienmärkten. Neben den Zollverhandlungen stand auch die Sitzung der US-Notenbank im Fokus der Anleger. Die Entscheidung, die Leitzinsen unverändert zu lassen, sorgte nicht für große Überraschung. Stattdessen waren die Unternehmensgewinne ausschlaggebend für die größten Bewegungen an den Aktienmärkten in den vergangenen Tagen.

Mehr als 150 Unternehmen des S&P 500 Index haben in dieser Woche ihre Quartalsergebnisse in den USA veröffentlicht. Auch in Europa läuft die Berichtssaison auf Hochtouren. Im aktuellen Kommentar liegt der Fokus auf drei Schwergewichten der globalen Aktienmärkte: Informationstechnologie (IT), Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen.

Im IT-Sektor veröffentlichten mehrere große Unternehmen ihre Quartalszahlen. Microsoft übertraf die Umsatz- und Gewinnerwartungen. Das Umsatzwachstum im Cloud-Geschäft Azure lag im vergangenen Quartal bei beeindruckenden 39 Prozent und stieg damit gegenüber den Vorquartalen von 33 Prozent auf 35 Prozent an. Meta Platforms, die Muttergesellschaft von Facebook, Instagram und WhatsApp, übertraf ebenfalls ihre Prognosen und gab gleichzeitig einen optimistischen Ausblick. Das Werbegeschäft war stark, und die daraus resultierenden Einnahmen werden weitere Investitionen in künstliche Intelligenz ermöglichen.

Im Gesundheitssektor war das Bild gemischt. EssilorLuxottica übertraf die Erwartungen im vergangenen Quartal und bestätigte seine Prognosen für das Umsatzwachstum bis 2026. Der Absatz seiner Ray-Ban Meta-Smartbrillen stieg stark an, da das Unternehmen diesen Bereich in den Fokus seiner Aktivitäten stellte. Novo Nordisk hingegen musste einen herben Rückschlag hinnehmen, da das Unternehmen aufgrund schwacher Verkäufe seiner Medikamente zur Gewichtsreduktion und zur Behandlung von Diabetes seine Umsatz- und Betriebsgewinnprognosen für das Gesamtjahr senkte. Der Wettbewerb für das Medikament Wegovy zur Gewichtsreduktion hat in den USA zugenommen, und Novo Nordisk rechnet auch mit einem allgemein langsameren Marktwachstum.

Im europäischen Finanzsektor wurden die Ergebnisse von Intesa Sanpaolo durch höher als erwartete Krediterträge gestützt. HSBC litt unter einem Anstieg der Restrukturierungskosten und einer unerwarteten Wertminderung in China. In den USA meldete das Kreditkartenunternehmen Visa besser als erwartete Ergebnisse, behielt jedoch seinen Ausblick unverändert bei. Mögliche Zölle und Sorgen um rückläufige Konsumausgaben könnten für Gegenwind sorgen.

Anleihen: Risikoprämien sinken

Die Risikoprämie, die europäische Anleger für die Vergabe von Krediten an solide Unternehmen verlangen, ist vergangene Woche weiter gesunken. Die durchschnittlichen Aufschläge für Investment-Grade-Unternehmensanleihen fielen diese Woche unter 80 Basispunkte und damit auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise von 2008. Im Gegensatz dazu sind die Renditen, die Anleger für europäische Staatsanleihen verlangen, wieder gestiegen. Diese Divergenz deutet darauf hin, dass die Anleger zwar über steigende Haushaltsdefizite und die Staatsverschuldung besorgt sind, aber dennoch optimistisch hinsichtlich der Wachstumsaussichten der Unternehmen bleiben.

Der US-Handelskonflikt wirkte sich auch auf den Anleihemärkten aus. Anfang April schockierte US-Präsident Donald Trump die Anleger mit seiner aggressiven Ankündigung eines Handelskriegs, doch die Stimmung drehte sich schnell wieder, als er die Handelszölle für 90 Tage aussetzte. Während dieser Pause wurden die Anleger allmählich optimistischer und rechneten damit, dass Trump zurückrudern würde. Im Juli gaben die EU und Japan nach und akzeptierten 15 Prozent Zölle und vage Investitionszusagen ohne Zusagen der Vereinigten Staaten. Dies deutet darauf hin, dass nicht nur Präsident Trump keine gerade Linie verfolgt, sondern auch der Rest der Welt dies akzeptiert. Aktuell wendet sich Präsident Trump mit 25 Prozent Zöllen gegen Indien und muss zusätzlich noch eine Einigung mit China erzielen.

Anfänglich hätten viele Anleger und Analysten dieses Zollniveau als Worst-Case-Szenario angesehen; nun scheint jedoch die Verringerung der Unsicherheit die erwarteten negativen Auswirkungen auf Wachstum und Inflation zu überwiegen. Die US-Wirtschaft hat sich überraschend widerstandsfähig gezeigt, was Zweifel an den tatsächlichen Auswirkungen der Zölle aufkommen lässt. Zwar dürfte die unerwartete Abschwächung des US-Dollars theoretisch die Auswirkungen der Zölle verstärken, doch müssen auch die fiskalischen Impulse durch Trumps Steuerreform und die deutliche Reduzierung der Einwanderung berücksichtigt werden.

Sollte die US-Wirtschaft ansonsten auf übermäßiges Wachstum und unzureichende Inflation zusteuern, könnte die derzeitige Kombination politischer Maßnahmen sogar als Korrekturmaßnahme wirken und ein günstiges „Goldilocks“-Umfeld schaffen, das die Märkte derzeit offenbar einpreisen. Solange die Wirtschaft stabil bleibt, könnte sich das Marktumfeld weiterhin positiv entwickeln. Vorsicht ist jedoch geboten, denn die geringen Risikoprämien für Anleihen lassen wenig Raum für Fehler.

Nach ihren jüngsten Sitzungen haben sowohl die Europäische Zentralbank als auch die US-Notenbank Fed ihre Zurückhaltung bekräftigt, die Zinsen zu senken, solange keine Wachstumsrisiken erkennbar sind. Zwei Fed-Gouverneure widersprachen dieser Ansicht jedoch und machten Trump damit glücklich. Dies legt nahe, dass bei Anleihenportfolios Vorsicht hinsichtlich des Durationsrisikos geboten ist. Das Kreditrisiko mag zwar kurzfristig weniger ausgeprägt sein, dafür aber extrem teuer geworden. Anleger sollten diese Risiken im aktuellen Wirtschaftsumfeld im Auge behalten.

 

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