Javascript is required
 
Wochenkommentar: Märkte setzen ihre Rotation fort

Wochenkommentar: Wie weit können die Renditen sinken?

Für Anleiheinvestoren sieht das zweite Halbjahr 2022 bislang völlig anders aus als das erste. Der Juli war der erste Monat mit einer positiven Wertentwicklung. Nicht nur fielen die Renditen auf sichere Staatsanleihen schnell, auch die Risikoaufschläge sind zügig zurückgegangen. Zusammengenommen führten diese Entwicklungen zu einem 4-%-Anstieg der Anleihekurse seit den Tiefständen Mitte Juni und einer Halbierung der seit Jahresbeginn aufgelaufenen Verluste.

Der Anstoß für diese Anleiherally waren aber nicht etwa gute Nachrichten. Während die erste Jahreshälfte von der hartnäckig hohen Inflation dominiert wurde, treibt jetzt die Angst vor einer Rezession die Investoren. Unterdessen scheinen die Zentralbanken der Entwicklung hinterherzuhinken. Die Europäische Zentralbank beschloss im Juli das erste Mal seit 10 Jahren eine Zinserhöhung – auch wenn sie damit gerade einmal den negativen Bereich verlässt. Angesichts einer immer noch sehr hohen und weiter steigenden Inflation und eines steigenden Rezessionsrisikos stecken die Notenbanken in einem Dilemma. Wie lange können sie einer heraufziehenden Rezession die Inflationsbekämpfung überlassen, bevor sie eingreifen müssen, um Schlimmeres zu verhindern?

Dass die Kurse von Risikoanlagen in den vergangenen Wochen trotz Rezessionsangst überraschend gestiegen sind, lässt sich zum Teil damit erklären, dass sich die Investoren über ein erwartetes Einschreiten der Geldpolitiker freuen. In den USA wird erwartet, dass die Notenbanker im kommenden Jahr eine Kehrtwende vollziehen und die Zinsen wieder senken. In Europa sind noch keine Zinssenkungen zu erwarten – schon allein, weil die Zinsen noch so niedrig sind. 

Die anhaltend knappen Gaslieferungen aus Russland dürften jetzt die Inflation hoch halten und könnten Europa noch dieses Jahr in eine Rezession stürzen, und das negative Wachstum könnte sich bis ins nächste Jahr hinein erstrecken. Dies verschärft das Dilemma der EZB, denn in der Eurozone ist es für eine zinspolitische Kehrtwende noch viel zu früh. Insofern sind für die weitere Zinsentwicklung beide Richtungen denkbar. Während sich die Investoren in den USA auf die diese Woche anstehenden Inflationsdaten konzentrieren, könnten europäische Investoren eine potenzielle Reduzierung der russischen Gaslieferungen ins Visier nehmen. Sollte es in Europa zu einer Rezession kommen, die sich bis ins Jahr 2023 hinein erstreckt, sind die jüngsten Hochs bei den Renditen auf sichere Staatsanleihen nicht mehr zu erwarten. Bei riskanteren Anleihen könnte die jüngste Rally hingegen zumindest in Europa verfrüht gewesen sein.

Aktien: Alles schaut auf die Konsumausgaben 

Nach phänomenalen Kurssteigerungen im Juli sind die Aktienmärkte mit einem positiven Vorzeichen in den August gestartet; gute Geschäftszahlen und niedrigere Renditen sorgten weiter für leichte Kursgewinne. Vergangene Woche legten einige Vertreter des zyklischen Konsums ihre Zahlen für das zweite Quartal vor. Daraus lassen sich vor dem Hintergrund eines schlechter werdenden Ausblicks für die Weltwirtschaft und einer Inflation auf Rekordniveau Erkenntnisse über die Konsumausgaben ableiten. Die Reisebranche hat zwei Jahre der Unsicherheit hinter sich, die von wiederholten Corona-Wellen, steigenden Kraftstoffkosten und dem Krieg in der Ukraine geprägt waren. Doch große Reiseunternehmen hatten für die Sommersaison eine der besten Entwicklungen aller Zeiten prognostiziert, getrieben von einer Nachfrage, die sich über zwei Jahre angestaut und jetzt nach dem Ende der Corona-Beschränkungen freien Lauf hat. Doch das Chaos an den Reisemärkten – von gestrichenen Flügen über verlorene Gepäckstücke bis hin zu steigenden Preisen – hatte Zweifel an der Entwicklung im zweiten Quartal und am Ausblick für das zweite Halbjahr aufkommen lassen. 

Alle deutschen Automobilhersteller lagen im zweiten Quartal sowohl beim Gewinn als auch beim Umsatz über den Markterwartungen. Die Auftragsbücher sind so gut gefüllt wie nie zuvor, denn die Autobauer konnten in den vergangenen Quartalen wegen der anhaltenden Halbleiterknappheit, Produktionsstörungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und Lockdowns in China nicht so viele Autos produzieren wie nachgefragt wurden.

 

Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.

 

Foto: ChiccoDodiFC / Shutterstock.com