Wochenkommentar: Warten auf sinkende Infektionszahlen

Die Corona-Krise erfordert beispiellose Maßnahmen. So hat die US-Notenbank Fed angekündigt, in unbegrenztem Umfang Staatsanleihen und MBS zu kaufen. Darüber hinaus verabschiedete der US-Senat ein Gesetz zur Stabilisierung und Unterstützung der US-Wirtschaft. Nach ein paar Anläufen einigten sich die Senatoren auf ein Rettungspaket im Wert von USD 2 Billionen.
Gleichzeitig zeigen sich die gesellschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 auf das tägliche Leben immer deutlicher. Für ein Viertel der Weltbevölkerung sind Schließungen und Kontaktsperren der neue Normalzustand. Das wirtschaftliche Leben ist fast zum Stillstand gekommen. In Europa zeigt sich der konjunkturelle Einbruch am Markit-Einkaufsmanagerindex (PMI), der die wirtschaftliche Aktivität misst und auf den tiefsten Stand denn je gefallen ist. Daten aus Deutschland und Frankreich zeigen, dass der Dienstleistungssektor, die stärkste Triebfeder des Markit-Gesamtindex und tragende Säule der wirtschaftlichen Erholung, deutlich schwächer ist.
Nach einigem Zögern sind die Investoren vorsichtig an die Aktienmärkte zurückgekehrt, nachdem Zentralbanken und Regierungen Rettungspakete auf den Weg gebracht hatten. Die ersten Schritte sind in Asien erfolgt, wo die Covid-19-Pandemie unter Kontrolle zu sein scheint. Südkorea verzeichnet eine deutliche Erholung, weil die Regierung Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte bekannt gegeben hat. Wenn sich das Leben allmählich wieder normalisiert, ist davon auszugehen, dass die asiatischen Verbraucher als erste wieder zu konsumieren beginnen.
Auch wenn sich die Ölpreise nicht von ihren neuen Tiefständen erholt haben, konnten die Aktien von Öl und Gas produzierenden Unternehmen nach einer Reihe von düsteren Wochen einen Teil ihrer Verluste wieder aufholen. Ähnlich wie in anderen Sektoren haben die Unternehmen weiterhin geplante Investitionen verschoben, Dividenden gekürzt und Aktienrückkäufe ausgesetzt. Finanzwerte und zyklische Aktien haben von den Rettungspaketen, die die Notenbanken angekündigt haben, am stärksten profitiert. Im Gegenzug für mehr Flexibilität bei der Vergabe von Krediten erhalten Geschäftsbanken auch mehr Spielraum von den Zentralbanken. Die Erholung von Energie- und Finanzaktien hat dazu geführt, dass sich die Aktienmärkte der Eurozone, die stärker gefallen waren als andere Regionen, auch schneller erholt haben. Sektoren wie Gesundheit, Versorger und nicht zyklischer Konsum, die nicht so tief gefallen waren wie der Gesamtmarkt, sind bei der Erholung in der vergangenen Woche auch nicht so stark gestiegen.
Anleihen: Warten auf sinkende Infektionszahlen
Das Coronavirus ist bei Anlageentscheidungen natürlich nach wie vor das beherrschende Thema. In Asien, insbesondere in Singapur, Südkorea und China, ist es zumindest vorerst gelungen, die Infektionszahlen zu begrenzen. Auch die dortigen Märkte sind weniger stark betroffen. Unterdessen scheinen Europa und die USA zu den Epizentren der Pandemie geworden zu sein. Viele noch nicht betroffene Regionen, etwa Indien und Lateinamerika, haben vorbeugend Maßnahmen wie Schließungen ergriffen, um hohe Fallzahlen wie in Italien zu vermeiden.
Da die Investoren Risiken aus dem Weg gehen, haben hochwertige Investmentgrade-Anleihen seit Jahresbeginn eine Outperformance verzeichnet, während risikoreichere Anlagen verkauft wurden. Schwellenmarktanleihen konnten sich etwas besser halten als Hochzinsunternehmensanleihen, weil Regierungen unterstützend eingegriffen haben und Schuldtitel von Schwellenländern zum Teil sogar im Investmentgrade-Segment angesiedelt sind. Wir konzentrieren uns mit unserer Präferenz für Schwellenmarktanleihen vor allem auf sicherere Titel im Nahen Osten, in Europa und Nordasien, während wir Länder mit (zuvor) schlechter werdenden Staatshaushalten, wie Südafrika, Ecuador, Libanon und Argentinien, meiden.
Arbeitsmarkt: US-Zahlen erschrecken
Der jüngste alarmierende Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA könnte die Lage schlimmer darstellen als sie ist. 3,3 Millionen zusätzliche Anträge in einer Woche hat es noch nie gegeben. Dies spiegelt das Ausmaß der Krise, mit der die US-Wirtschaft konfrontiert ist. Und es könnte bedeuten, dass die Maßnahmen des USD 2 Billionen schweren Rettungspakets, mit dem der US-Senat Kündigungen verhindern wollte, für einen Großteil der arbeitenden Bevölkerung zu spät kommen. Dabei ist aber ein ganz entscheidender Faktor noch unklar, nämlich wie viele dieser neuen Arbeitslosen tatsächlich arbeitslos sind. Es könnte auch eine Art Zwangsurlaub oder vorübergehender unbezahlter Urlaub sein.
Solange die Schließungen im Zuge der Coronavirus-Pandemie gelten, ist die Arbeitslosenunterstützung in vielen US-Bundesstaaten nicht an die Pflicht geknüpft, aktiv nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Dadurch könnten Beschäftigte vorübergehend gekündigt oder beurlaubt werden – mit dem Versprechen, auf derselben Stelle wieder einsteigen zu können, wenn die wirtschaftliche Aktivität wieder anzieht. Welcher Anteil der neuen Arbeitslosen in diese Kategorie fällt, ist schwer zu sagen. Aber wenn die umfassenden Schließungen auf einen Monat begrenzt bleiben (das ist unser Basisszenario), ist es durchaus möglich, dass die aktuellen Zahlen schlimmer wirken als die Situation tatsächlich ist.
Wenn Anfang April detaillierte Daten veröffentlicht werden, die eine Unterscheidung zwischen vorübergehendem und dauerhaftem Personalabbau vornehmen, wissen wir mehr. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dem Großteil der neuen Arbeitslosen nur vorübergehend gekündigt wurde. Allerdings gilt natürlich: Je länger die Störungen andauern, desto wahrscheinlicher ist es, dass die vorübergehenden Kündigungen zu dauerhaften werden und die Auswirkungen des Schocks eine längere Rezession verursachen. …
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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