
Wochenkommentar: US-Regierung wieder im Geschäft
Mit dem Ende des längsten Shutdowns in der Geschichte der US-Regierung in Sichtweite starteten die Aktienmärkte optimistisch in die Woche. Im Laufe der Woche unterzeichnete Präsident Donald Trump ein Gesetz zur offiziellen Wiederaufnahme der Regierungsgeschäfte. Dies führt nun nicht nur dazu, dass die Bundesbediensteten wieder bezahlt werden und die Fluggesellschaften wieder ihre volle Kapazität erreichen, sondern auch, dass offizielle
Wirtschaftsdaten wieder verfügbar sind.
Die Fed befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Einerseits schwächt sich der Arbeitsmarkt ab und das Verbrauchervertrauen ist relativ gering, andererseits geht die wirtschaftliche Dynamik in den USA nicht zurück, da ein wichtiger Teil des Verbrauchersegments nach wie vor vom Vermögenseffekt profitiert. Für Anleger stellt sich in den nächsten Wochen die Frage, ob die Fed ihren Leitzins bei ihrer Sitzung im Dezember erneut senken wird.
Die Berichtssaison hat zwar ihren Höhepunkt überschritten, aber es stehen noch viele wichtige Veröffentlichungen an. Nächste Woche werden führende Unternehmen wie der Chiphersteller Nvidia, die Baumarktketten Home Depot und Lowe's sowie das Cybersicherheitsunternehmen Palo Alto ihre neuesten Ergebnisse bekannt geben. Dies könnte sicherlich zu einer gewissen Volatilität an den Aktienmärkten führen.
In den Unternehmensnachrichten dieser Woche hat der US-Halbleiterhersteller AMD bei seinem Analystentag ehrgeizige Wachstumsziele vorgelegt, die von den Anlegern positiv aufgenommen wurden. Auch das digitale Zahlungsunternehmen Adyen hat den Markt bei seinem Kapitalmarkttag beruhigt. Adyen gab bekannt, dass sie in den nächsten Jahren ein Wachstum des Jahresnettoumsatzes von etwa 20 % erwarten. Der europäische Chipsektor wurde durch die Finanzergebnisse von Infineon Technologies beflügelt. Das Unternehmen profitiert vom Trend zur künstlichen Intelligenz (KI). Schließlich hat das IT-Unternehmen Cisco Systems seine Wachstumsprognose für das nächste Jahr angehoben. Die Anleger reagierten positiv darauf, dass Cisco offenbar in der Lage ist, von den steigenden Investitionen im Bereich KI zu profitieren.
Anleihen: Vorerst Stabilität
Die durch den Shutdown verursachte Verzögerung bei der Veröffentlichung wichtiger Wirtschaftsdaten hat die Arbeit der Federal Reserve deutlich erschwert. Der Marktkonsens, einschließlich ABN AMRO, rechnet in den kommenden Monaten mit weiteren Zinssenkungen durch die US-Notenbank. Wir erwarten jedoch, dass die langfristigen Renditen steigen und die Zinsstrukturkurve steiler werden wird, da die Sorgen um die langfristige Inflation und die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung wahrscheinlich eine höhere Risikoprämie für längerfristige Anleihen erfordern werden.
Die Entscheidungsträger der Europäischen Zentralbank (EZB) argumentieren erneut, dass das derzeitige Zinsniveau angemessen ist und betonen einen datenabhängigen Ansatz. Die Mitglieder des EZB-Direktoriums erklärten, dass die Geldpolitik nicht zurückgeht, ohne sich auf einen im Voraus festgelegten Zinspfad zu verpflichten. Die Priorität der EZB besteht darin, sicherzustellen, dass die Zinsen mit dem Preisstabilitätsziel der Fed vereinbar sind. Aktuelle Daten zeigen, dass die Inflation sich dem mittelfristigen Ziel von 2 % annähert. Die Risiken einer höheren oder niedrigeren Inflation sind ausgewogen.
Im November blieben die Renditen von Staatsanleihen der Eurozone bislang stabil, wobei die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen bei 2,65 % lagen. Die Kreditrisikoaufschläge der Semi-Core- und Peripherieländer verengen sich, obwohl Frankreich weiterhin äußerst fragil ist.
Die Kreditrisikoaufschläge (Spreads) für Investment Grade-Anleihen sind sowohl in Europa als auch in den USA nicht zurückgegangen und bewegen sich nahe ihren historischen Tiefstständen. Auch Hochzinsanleihen sind stabil, wobei die Spreads nahe ihren niedrigsten Ständen seit der globalen Finanzkrise liegen.
Die engen Spreads werden durch den Zinssenkungszyklus in den USA, starke Fundamentaldaten und eine robuste Anlegernachfrage gestützt. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit im Zusammenhang mit Handelsspannungen, fiskalischen Risiken und knappen Bewertungen ist jedoch Vorsicht geboten. Bevorzugt werden sollten hochwertige Unternehmens- und verbriefte Anleihen, die in Europas Umfeld mit gedämpftem Wachstum wir erwarten eine robustere Performance erzielen werden.
In den kommenden Wochen werden die Anleger die Veröffentlichung wichtiger US-Wirtschaftsdaten zu Arbeitsmarkt, Inflation, Konsumausgaben und Unternehmensinvestitionen genau beobachten. Diese Daten wurden durch den Shutdown verzögert, und diese Berichte könnten die Marktentwicklung bis zum Jahresende erheblich beeinflussen.
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