
Wochenkommentar: Stabilisierung der US-Zinsen stärkt Anlegervertrauen
Seit dem Corona-bedingten Tief im März 2020 haben die Aktienmärkte eine Rally hingelegt, die es so fast noch nie gegeben hat: Der S&P 500 hat seitdem fast 80 % zugelegt. Motor dieser Entwicklung war natürlich die Erwartung, dass die Volkswirtschaften im Lauf des Jahres 2021 nach und nach ihre Lockdowns aufheben und eine starke Erholung verzeichnen, die wiederum zu einer positiven Trendwende bei den Unternehmensgewinnen führt.
Die Geschäftszahlen der aktuell laufenden Berichtssaison für das erste Quartal belegen diesen erwarteten Erholungstrend: Die meisten Unternehmen verzeichnen deutliche Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr und veröffentlichen optimistische Planvorgaben für den Rest des Jahres. In den vergangenen zwei Wochen scheinen die Aktienmärkte jedoch in den Konsolidierungsmodus geschaltet zu haben, was den Schluss nahelegen könnte, dass ein Großteil der positiven Faktoren an den Märkten bereits eingepreist ist.
Am deutlichsten zeigte sich dies vielleicht daran, dass einige der großen Technologiekonzerne an den Märkten auch für deutlich über den Erwartungen liegende Ergebnisse nicht belohnt wurden. Auch die Bewertungen sind in den vergangenen Monaten über den historischen Durchschnitt gestiegen. Dies dürfte durch zwei Faktoren zu erklären sein: Zum einen rechnen die Investoren für die kommende Zeit mit deutlich besseren Gewinnen und zum anderen – was vielleicht noch wichtiger ist – sind die Zinsen extrem niedrig. Letzteres hat auch aus einer breiteren Perspektive die Preise von risikobehafteten Anlagen in die Höhe getrieben.
Nach den Aussagen der US-Finanzministerin Janet Yellen, die als eine sehr langsame Annäherung an eine straffere Geldpolitik und damit letztlich an höhere Zinsen verstanden werden könnten, sind die Investoren natürlich etwas vorsichtiger geworden. Vor diesem Hintergrund gehen auch wir davon aus, dass es in der Übergangsphase zu einem normaleren wirtschaftlichen Umfeld zu einer erhöhten Volatilität kommen könnte. Auf mittlere Sicht halten wir die Aussichten für Aktien aber nach wie vor für
attraktiv, denn sowohl die Fundamentaldaten als auch die Wachstumsaussichten sind in der Welt nach Corona gut.
Anleihen: Weniger Inflationssorgen
Die Inflationssorgen scheinen im zweiten Quartal dieses Jahres abgenommen zu haben, was zu einer Stabilisierung der Zinsen in den USA geführt hat. Dies hat sich auch positiv auf höherverzinsliche Rentensegmente, wie beispielsweise Schwellenländeranleihen ausgewirkt. Dank der Stabilisierung der US-Zinsen haben die Investoren auch bei den anderen, riskanteren Staatsanleihen mehr Vertrauen. Dies gilt insbesondere für Schwellenländer, genauer gesagt für Staatsanleihen mit langer Laufzeit, bei denen das Zinssteigerungsrisiko höher ist. Die festverzinslichen Wertpapiere, die am stärksten unter erwarteten Zinssteigerungen gelitten haben, waren jetzt stärker gefragt, weil einige Investoren hier zu Schnäppchenpreisen einkaufen wollten; das hat unsere Performance vorerst verbessert.
Wir haben eine konstruktive Einschätzung der künftigen Entwicklung und sehen keine großen Risiken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat 2020 alle gefährdeten Länder unterstützt und wird dies auch weiterhin tun, und das sogar ohne die strengen Voraussetzungen, die es früher gab. Das beschert Emittenten von höher verzinslichen Anleihen fast so etwas wie kostenloses Geld und den Investoren eine Gelegenheit, die einträglichen Anlagen wieder zu verlängern, d. h. das angelegte Geld in neue Anleihen zu reinvestieren. In Verbindung mit den geringen Lockdown-Maßnahmen, die Schwellenländer bislang hatten, hat dies dazu beigetragen, dass diese Volkswirtschaften liquide geblieben sind und 2020 durchschnittliche bis niedrige Ausfallquoten verzeichneten.
Weiteren Grund für Optimismus geben Prognosen, denen zufolge 2021 die Ausfallquoten noch niedriger sein sollen, weil die Impfprogramme laufen und wir zur Normalität zurückkehren. Die Impfungen kommen in den Schwellenländern genauso langsam voran wie im Rest der Welt, deshalb gibt es hier keinen zusätzlichen Grund zur Sorge. Wenn in den Industrieländern dann mehr Impfstoff zur Verfügung steht als gebraucht wird, dürfte das Impftempo in den Schwellenländern zunehmen, was die Unsicherheit reduziert und zu sinkenden Spreads (Risikoprämien) führt. Mexiko dürfte vom schnellen Impftempo der USA profitieren. Chile ist in Südamerika weit voraus.
Gemessen am Wirtschaftswachstum bleiben China und Asien im Allgemeinen die stärksten Volkswirtschaften überhaupt, die deshalb auch niedrigere Risikoaufschläge als andere Schwellenmarktregionen bieten (wenn auch höhere als die Industrieländer). Wir sehen darin die Chance, unsere Portfoliorendite zu verbessern.
Lateinamerika hinkt traditionell hinterher, bietet dafür aber mit die höchste Wertentwicklung der Anlageklasse. Wir sehen, wie gesagt, keine großen Risiken und beurteilen auch die Entwicklung der lateinamerikanischen Volkswirtschaften optimistisch. Dass sie hinterherhinken, sollte als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Zinsen dort noch mindestens bis Ende 2021 niedrig bleiben; deshalb sind für diese Anleihen keine großen Risiken zu erwarten.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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