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Wochenkommentar: US-Renditen in Zentrum des Marktgeschehens

Wochenkommentar: Spannung vor Zentralbanksitzungen

Europäische und US-amerikanische Aktien verzeichneten eine positivere Wertentwicklung  als Titel aus den Schwellenländern, sodass der Performance-Vorsprung der Industrieländer für 2021 einen neuen Höchststand erreichte. Die chinesische Notenbank senkte die Mindestreservepflicht für Banken, um das Wirtschaftswachstum zu forcieren. Die Reaktion der Aktienmärkte der Schwellenländer fiel im Vergleich zur Kurserholung in den Industrieländern jedoch schwach aus aufgrund der Sorgen im Zusammenhang mit dem chinesischen Immobiliensektor und dem anhaltenden rechtlichen Druck auf chinesische Technologieunternehmen.

Negative Berichte über Gesundheitsrisiken durch die Omikron-Variante des Corona-Virus führten dazu, dass Aktien aus dem Reise- und Freizeitsektor sich weiterhin durch eine hohe Volatilität auszeichneten. Die Aussicht auf eine vollständige Erholung der Reiseaktivität im Sommer 2022 wurde durch Warnungen, dass die Infektionszahlen die Buchungen für die bevorstehende Wintersaison negativ beeinflussen, getrübt. Dennoch dominierte in der vergangenen Woche der Optimismus, und Reiseaktien verzeichneten eine starke Kurserholung von den Ende November erreichten Tiefständen.

In Europa spielten neben dem Reise- und Freizeitsektor noch weitere zyklische Sektoren eine wichtige Rolle für die Kurserholung der vergangenen Woche. Obwohl Angebotsengpässe bei Komponenten und höhere Preise für Einsatzgüter ein Risiko darstellen, erholten sich Elektrotechnikunternehmen wie Schneider Electric und Legrand schnell von dem Kurseinbruch von Ende November. 

Die Aussicht auf ein über dem Potenzial liegendes Wirtschaftswachstum und die wachsende Bedeutung eines nachhaltigen Energie- und Stromverbrauchs schafft für beide Aktien ein günstiges Umfeld, und so erreichten beide vergangene Woche neue Jahreshochs. Auf der anderen Seite des Atlantiks waren Technologieaktien der stärkste Treiber für die mehrtägige Erholung der US-Märkte. 

Anleihen: Der Winter kommt

Während die neue Covid-19-Variante Omikron in den vergangenen Wochen den Großteil der Aufmerksamkeit der Investoren auf sich zog, arbeiteten einige Notenbanker an einem bemerkenswerten Kurswechsel. Fed-Chef Jerome Powell war gerade erst von Präsident Biden wiederernannt worden, als er das Wort „vorübergehend“ aus der Beschreibung der anhaltend hohen Inflationsdaten strich. Andere Notenbanker hatten bereits auf die hohe Inflation reagiert, aber jetzt ist klar, dass auch die amerikanische Zentralbank nicht länger untätig bleiben wird.

Bei der Fed-Sitzung in der kommenden Woche dürften ein Ende der Anleihekäufe im März und ein früher beginnender Zyklus mit mehreren Zinserhöhungen angekündigt werden.
Sollte sich diese mögliche Entscheidung der Fed bewahrheiten während die Investoren gleichzeitig Omikron weniger Beachtung schenken, könnten sich die US-Renditen schnell von den Tiefständen der vorletzten Woche erholen und nächstes Jahr in Richtung 2 % und mehr steigen.

Wir gehen nicht davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB), die einen Tag nach der Fed tagt, diesem Beispiel folgt, denn Europa hat noch deutlich mehr ungenutzte Kapazitäten in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt. EZB-Chefin Christine Lagarde wird bei der Pressekonferenz nach der Sitzung überzeugend sein müssen, und die Investoren werden ihre Worte genau analysieren, um herauszufinden, wie stark die EZB von der Fed abweichen will und kann. 

Zinserhöhungen dürften in Europa noch mehrere Jahre entfernt sein, aber es stellt sich die Frage, wie gut und lange die EZB in der Lage ist, in großem Umfang Anleihen zu kaufen, nachdem die Fed ihre Kaufprogramme beendet hat. Staatsanleihen aus Peripherieländern sind für solche Zweifel anfälliger als Unternehmensanleihen, während Unternehmensanleihen wiederum stärker auf die jüngsten Bedenken im Hinblick auf mögliche neue Lockdowns und die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum reagieren.

Europas Renditen dürften den US-Renditen nur in begrenztem Maße folgen, da sie weiterhin durch die Geldpolitik der EZB geschützt sind, und sie sich in vielen Fällen nach wie vor auf einem unattraktiven Niveau bewegen. Riskantere Investmentalternativen bei Hochzins- und Schwellenmarktanleihen bleiben daher attraktiv, aber die Investoren sollten sorgfältig prüfen, in welchem Maße diese Investments mit US-Renditen korrelieren. 

Höhere Renditen in den USA sind für solche Anleihen zweifellos ein Risiko, aber ihre Spreads (Risikoaufschläge) sind in einer wachsenden Weltwirtschaft, in der wenig auf bevorstehende Zahlungsausfälle hindeutet, nach wie vor attraktiv. Die jüngsten Wachstumsindikatoren erscheinen wieder vielversprechend, aber Omikron hat seine volle Wirkung noch nicht entfaltet. Das richtige Gleichgewicht zwischen diesen entgegengesetzten Kräften zu finden, wird bei diesen interessanten aber riskanten Anleihen 2022 der Schlüssel zum Erfolg sein.

 

Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.

 

Foto: sokolovsky / Shutterstock.com