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Wochenkommentar: Neue Hochs in Sicht

Wochenkommentar: Russland, Inflation und Zentralbanken im Fokus

Russland setzt seine Erdgasvorkommen als geopolitisches Druckmittel ein und hat seine Lieferungen an Europa gedrosselt. Weitere Senkungen würden in Europa zu einer Energiekrise im Winter führen. Davor hatten die Investoren vergangene Woche Angst, weil unklar war, ob Russland nach der wartungsbedingten vorübergehenden Stilllegung der Pipeline Nord Stream 1 die Gaslieferungen wieder aufnehmen würde.

Doch Wladimir Putin beschloss, die Pipeline (wenn auch eingeschränkt) wieder mit Gas zu befüllen, sodass er dieses Druckmittel weiter zur Verfügung hat. Die Wiederaufnahme der Gaslieferungen bewirkte einen kurzfristigen positiven Impuls und trug dazu bei, dass vor allem in den riskanteren Anleihesegmenten die Risikoaufschläge (Spreads) zurückgingen. Von Dauer dürfte die Rally aber nicht sein. Schließlich bleibt das Risiko einer europäischen Energiekrise bestehen, denn Putin will sein Erdgas weiterhin als Waffe einsetzen. Zudem könnten die hohe Inflation und die Verknappung der Geldpolitik allein schon ausreichen, um Europa und/oder die USA in eine Rezession zu stürzen. Diese Situation belastet die Spreads.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte vergangene Woche zum ersten Mal seit 2011 den Leitzins. Mit einer Anhebung um 50 Basispunkte (mehr als die lange Zeit signalisierten 25 Basispunkte) hat die Eurozone damit ihr Experiment mit negativen Leitzinsen auf einen Schlag beendet. 

Viele Notenbanken hinkten mit ihrer Zinspolitik lange Zeit hinterher, holen jetzt aber auf, weil sie sich auf die Bekämpfung der Inflation konzentrieren – selbst auf die Gefahr hin, ihre Volkswirtschaften in eine Rezession zu stürzen. Die EZB war in diesem Punkt hinter der Fed und vielen anderen Zentralbanken zurückgeblieben, marschiert jetzt aber in die gleiche Richtung. 

Obwohl der Zinsanhebungszyklus bei der EZB jetzt begonnen hat und bei der Fed bereits in vollem Gange ist, sind die Märkte von einer reinen Fokussierung auf die Zinspolitik, wie wir sie im ersten Halbjahr 2022 erlebt haben, abgerückt und wägen nun die hohe Inflation und hohe Zinsen auf der einen Seite und die steigende Wahrscheinlichkeit einer Rezession gegeneinander ab. Dadurch werden sich die Anleiherenditen weiterhin volatil entwickeln – je nachdem, wie es mit der Inflation weitergeht, wie stark die Zentralbanken verknappen müssen und ob es zu einer Rezession kommt (und wenn ja, wie schwer sie wird).

Aktien: Anzeichen der Erleichterung? 

Die Aktienmärkte konnten in der vergangenen Woche einen Teil ihrer Verluste der vorangegangenen Wochen aufholen. Sowohl in den USA als auch in Europa und Japan legten die Märkte klar zu. Vor allem Technologieunternehmen entwickelten sich insgesamt besser; der Nasdaq schloss die Handelswoche mit einem Plus von über 7 %. Dennoch sind die Investoren weiter hin- und hergerissen zwischen Inflations- und Rezessionssorgen, Zinspolitik, geopolitischen Spannungen und der entscheidenden Frage, wie viel davon in den Marktpreisen bereits enthalten ist.

So war bei der Sektor-Performance auch einige Volatilität zu verzeichnen, die auf Wochensicht einen Aufwärtstrend ergab. Im Vergleich zum Freitag der Vorwoche – und im Gegensatz zur Entwicklung der vorangegangenen Wochen – entwickelten sich die defensiveren Sektoren schlechter als stärker zyklische Sektoren. Während Aktien aus den Bereichen Energie, zyklischer Konsum und IT deutlich zulegen konnten, entwickelten sich die Aktienkurse von Unternehmen aus den Sektoren Healthcare, Versorgung und zyklischer Konsum lediglich seitwärts. 

 

Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.

 

Foto: denisismagilov / Adobe Stock