Wochenkommentar: Privatanleger mischen die Märkte auf

Die vergangene Woche war turbulent an den Aktienmärkten. Nach einem guten Start, bei dem sich der positive Trend der Vorwoche fortsetzte, markierte der Mittwoch einen Wendepunkt. Der S&P-500-Index erlebte seinen schlimmsten Tag seit der Präsidentschaftswahl in den USA im November.
Einer der Auslöser waren Privatanleger, die durch eine koordinierte groß angelegte Kaufaktion zuvor wenig erfolgreiche Aktien auf extreme Kursniveaus katapultierten. Ziel der Kaufaktion war am Dienstag GameStop, eine Kette von Videospiele-Läden. Die Aktie legte seit Anfang der Woche mehr als 400 % zu. Solche Aktionen erhöhen die Volatilität an den Märkten, weil Investoren, die Short-Positionen auf solche Aktien haben, bei anderen Positionen Gewinne mitnehmen müssen, um die unerwarteten Verluste bei ihren Short-Positionen zu decken. Dadurch können qualitativ hochwertige Aktien Wertverluste erleiden, wie sich in den vergangenen Tagen gezeigt hat.
Ein weiterer Grund für die Eintrübung der Marktstimmung könnte im zunehmenden Bewusstsein zu suchen sein, dass die bloße Existenz von Impfstoffen noch nicht bedeutet, dass die Volkswirtschaften schon bald wieder geöffnet werden. Es wird weitere Belege für erfolgreiche groß angelegte Impfprogramme brauchen, um die Aktienmärkte auf kurze Sicht zu stützen. Zudem vergrößert der schärfer werdende Konflikt zwischen der EU und dem britisch-schwedischen Pharmaunternehmen AstraZeneca über Impfstofflieferungen nicht gerade das Vertrauen darauf, dass schon bald eine weit verbreitete Immunität gegen das Coronavirus erreicht wird.
Anleihen: Schwankungen eröffnen Chancen
Das jüngste US-Konjunkturpaket, das im Dezember verabschiedet wurde, wird die wirtschaftlichen Aussichten in den ersten drei Monaten 2021, genau zum richtigen Zeitpunkt, definitiv verbessern. Es ist damit zu rechnen, dass weitere Staatsausgaben folgen, denn US-Präsident Joe Biden hat bereits ein weiteres Konjunkturpaket vorgeschlagen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und für politische Unterstützung bei den Zwischenwahlen im November 2022 zu sorgen. Diese Maßnahmen werden zweifellos weitere Auswirkungen auf die Zinsen haben, vor allem, wenn die fiskalischen Konjunkturhilfen zu einer schnellen Rückkehr zur Vollbeschäftigung führen.
Alle Augen werden auf die amerikanischen Beschäftigungsdaten gerichtet sein, die am 5. Februar bekannt gegeben werden. Fallen sie schlechter aus als erwartet, könnte die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen kurzfristig wieder unter die Marke von 1 % rutschen, denn dann wird die Geldpolitik der Fed expansiv bleiben. Die Investoren werden aber schnell erkennen, dass weitere Hilfen notwendig sind, um mehr Wachstum zu schaffen. Liegen die Daten hingegen über den Erwartungen, könnte die Frage aufkommen, wie lange die Federal Reserve ihr Anleihekaufprogramm noch aufrechterhält; dann könnte dieses Programm früher enden als viele derzeit noch erwarten.
In Italien haben die politischen Turbulenzen nicht zu Panikverkäufen bei italienischen Staatsanleihen geführt. Die neue Zusammensetzung der Regierungskoalition, die schon bald bekannt gegeben wird, entscheidet über die künftige Richtung der Risikoprämien italienischer Staatsanleihen. Je nachdem, wie die Verhandlungen verlaufen und wie viel zusätzlicher Druck durch Ratingagenturen entsteht, um vorgezogene Neuwahlen zu verhindern, ist bei Italiens Staatsanleihen weiterhin mit Volatilität zu rechnen.
Schwellenmarktanleihen hatten einen holprigen Jahresbeginn; Ursache waren die Unsicherheit darüber, wer im US-Senat künftig die Mehrheit haben wird, und Spekulationen darüber, wann die Fed wohl damit beginnt, ihre Kaufprogramme zurückzufahren. Die Sorgen um steigende Zinsen in den USA dürften bestehen bleiben, und die Spekulation über Geschwindigkeit und Ausmaß des Zinsanstiegs könnte vorübergehend Kopfschmerzen verursachen. Attraktive Bewertungen in Verbindung mit einer stetigen Erholung des Wirtschaftswachstums unterstützen aber weiterhin unsere Präferenz für Schwellenmarktanleihen.
Kommende Woche werden Wirtschaftsdaten zum Fertigungssektor und zum Dienstleistungsgewerbe in den USA, in der Eurozone und in China weiteren Aufschluss über die Gesundheit der Weltwirtschaft und damit über die weitere Entwicklung von Zinsen und Spreads geben...
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