
Wochenkommentar: Omikron bringt Unsicherheit in die Märkte
Durch das Aufkommen der neuen Corona-Variante Omikron ist die Volatilität an den Märkten angestiegen. Vor allem die Unsicherheit und die Unklarheit in Bezug auf die Risiken dieser neuen Variante haben bei den Investoren zu Risikoscheu geführt. Solange die Auswirkungen unklar sind, dürfte die Volatilität hoch bleiben.
Am Black Friday (26. November) zeichnete sich ab, dass sich eine neue Corona-Variante weltweit ausbreitet. In den darauf folgenden Tagen wurden Omikron-Fälle in diversen Ländern festgestellt. Da diese neue Corona-Variante ansteckender zu sein scheint als die bisher kursierenden Varianten, stieg die Nervosität der Investoren und sie trafen Maßnahmen zur Risikoreduzierung, angesichts der Ungewissheit hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Unternehmen und die Verbraucher.
Fed-Chef Jerome Powell sagte am Dienstag vor dem US-Senat, die Omikron-Variante könnte die Störungen in den Lieferketten verschärfen, die bereits zu einem deutlichen Inflationsanstieg geführt haben.
Unserer Einschätzung nach wird die Marktvolatilität bestehen bleiben, solang die Investoren keine Antwort auf die folgenden Fragen haben: Ist Omikron nicht nur ansteckender, sondern verursacht diese neue Variante auch einen schwereren Krankheitsverlauf? Und: Sind die bestehenden Impfstoffe bei der neuen Variante weniger wirksam? Lautet die Antwort in beiden Fällen „nein“, dürfte das Tapering, also das Reduzieren der Anleihekäufe der US-Fed, wieder in den Mittelpunkt rücken. Lautet die Antwort hingegen „ja“, dürften die Abwärtsrisiken noch eine Weile bestehen bleiben, denn dann werden die Investoren für den Winter eine konjunkturelle Abkühlung prognostizieren und vorwegnehmen.
Für weitere Informationen bezüglich der Auswirkungen der Virusmutante auf die Märkte lesen Sie auch unseren Marktbericht.
Anleihen: Geldpolitische Divergenz 2022?
Sowohl die USA als auch Europa verzeichnen derzeit eine hohe Inflation, aber wie es scheint, haben die Notenbanken der beiden Regionen einen unterschiedlichen Blick auf diese Tatsache. Wird sich die Geldpolitik der Fed 2022 deutlich von der der EZB unterscheiden?
Neben der Äußerung von Fed-Chef Jerome Powell bezüglich des vorrübergehenden Charakters der Inflation müsse auch darüber gesprochen werden, ob die Notenbank ihr Anleihekaufprogramm angesichts der gestiegenen Inflationsrisiken schneller beenden sollte. Falls die Geldpolitiker der US-Fed bei ihrer nächsten Sitzung beschließen, das Tapering zu beschleunigen, könnte das Anleihekaufprogramm bereits Ende März auslaufen. Wir rechnen damit, dass die Fed schon Mitte 2022 die Zinsen erhöht. Und auch das Tempo der nachfolgenden Zinserhöhungen könnte höher sein, als wir bislang dachten.
In der Eurozone stieg die Headline-Inflation (Gesamtinflation) im November auf 4,9 Prozent, die Kerninflation (Inflation ohne die Sektoren Energie und Lebensmittel) lag bei 2,6 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit der Einführung des Euros. Die Europäische Zentralbank (EZB) beteuert aber nach wie vor, dieses Inflationsniveau sei vorübergehend. Diese Einschätzung bekräftigte auch das deutsche EZB-Ratsmitglied Isabel Schnabel erneut. Sie sagte, die Inflation könnte im November ihren Höchststand erreicht haben, und wenn die Lieferengpässe erst einmal beseitigt seien und sich die Energiepreise wieder stabilisiert hätten, werde die Inflation wieder auf das Ziel um die Marke von zwei Prozent zurückgehen.
Die nächste EZB-Sitzung ist am 16. Dezember. Wir gehen nicht davon aus, dass die EZB an diesem Termin Maßnahmen zur Inflationseindämmung beschließen wird. EZB-Chefin Christine Lagarde sagte vergangene Woche, eine Änderung der Geldpolitik würde sich erst 18 Monate später auf die Inflation auswirken. Bis dahin werde die Teuerung wieder gefallen sein. Außerdem sagte sie immer wieder, es sei sehr unwahrscheinlich, dass die EZB vor 2023 die Zinsen erhöhe.
Wir halten die Inflation in der Eurozone ebenfalls für vorübergehend. Die EZB dürfte ihr Anleihekaufprogramm noch eine ganze Weile fortsetzen und nach dem Ende des Pandemie-Notfall-Kaufprogramms im März sogar noch ausweiten. Wenn die Geldpolitik der EZB anders ausfällt als die der Fed, könnte das Zinsgefälle zwischen den beiden Regionen größer werden.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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