
Wochenkommentar: Die Märkte reagieren auf Kursänderungen der Fed
Nach fast zwei Jahren mit einer extrem ausgeprägten geldpolitischen Unterstützung ändert die US-Notenbank jetzt ihren Kurs. Im Zuge der Corona-Krise kam es zunächst zu Schwierigkeiten in den Lieferketten sowie zu einem Energie- und Arbeitskräftemangel und dadurch bedingt zu einem Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage. In Folge dessen spielt nun, nach langer Abwesenheit, die Inflation wieder eine Rolle.
Die Rückkehr der Teuerung galt anfangs nicht als nennenswertes Problem. Im Hinblick auf den starken Anstieg der kurzfristigen Inflation ist inzwischen aber klar, dass die Fed die Lage nicht außer Kontrolle geraten lassen will. Deshalb bereitet die US-Notenbank die Märkte auf eine Reihe von Zinserhöhungen und eine Verkürzung ihrer Bilanz vor. Da die Rückführung von einer quantitativen lockeren hin zu einer restriktiveren Geldpolitik und steigende Zinsen, von den Besitzern risikobehafteter Anlagen meist als kritisch angesehen werden, verzeichneten die Aktienmärkte eine negative Wertentwicklung.
Dies gilt vor allem für hoch bewertete Wachstumsaktien (Growth-Aktien), welche sich durch ein hohes Umsatzwachstum auszeichnen und meist in innovationsreichen Geschäftsfeldern tätig sind. Diese Titel erhielten anfangs einen besonders starken Schub, weil die extrem niedrigen Zinsen weit in der Zukunft liegende Zahlungsströme wertvoller machen. Jetzt bewirkt das Ende der geldpolitischen Unterstützung an den Aktienmärkten einen Realitätscheck. Wie an der Ende 2021 bereits begonnenen Nasdaq-Korrektur abzulesen ist, betrifft dies vor allem die von Technologiewerten dominierten Marktsegmente.
Wie lange es dauern wird, bis sich die Aktienmärkte auf den neuen geldpolitischen Kurs der Fed eingestellt haben, lässt sich schwer abschätzen. Doch das immer noch positive gesamtwirtschaftliche Umfeld und der ermutigende Trend bei den Unternehmensgewinnen dürften früher oder später als Unterstützung für die Aktienmärkte wirken. Die aktuelle Berichtssaison zeigt bislang eine gute Gewinnentwicklung, und die Ergebnisse liegen im Allgemeinen über den Erwartungen, wenn auch vielleicht weniger deutlich als in früheren Quartalen. Mit Blick auf die weitere Entwicklung schlagen die Unternehmen vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen eher vorsichtige Töne an.
Aber wenn es nach den allgemeinen Gewinnprognosen für 2022 geht, ist über alle Bereiche hinweg dennoch ein brauchbares Gewinnwachstum zu erwarten, und rezessionsähnliche Zustände sind derzeit nicht vorauszusehen.
Anleihen: Fed nähert sich Zinserhöhungen
Die US-Notenbank hat beschlossen, die Zinsen vorerst unverändert zu lassen, kommunizierte aber in der nach der Sitzung veröffentlichten Mitteilung klare Planvorgaben für die Zukunft. Darin heißt es: „Angesichts einer Inflation von deutlich über 2 % und eines starken Arbeitsmarkts geht der Ausschuss davon aus, dass es bald angemessen sein wird, die Zielspanne der Federal Funds Rate anzuheben.“ Die Federal Funds Rate ist derjenige Zinssatz, zu welchem sich die amerikanischen Finanzinstitute Geld untereinander leihen, stellt also den Leitzins dar.
Außerdem teilte die US-Notenbank mit: „Der Ausschuss hat beschlossen, das monatliche Tempo der Nettoanleihekäufe weiter zu senken, sodass die Käufe Anfang März enden.“ Diese Maßnahme wurde in den vergangenen Monaten als Voraussetzung für den Beginn von Zinserhöhungen dargestellt.
Die Fed lieferte auch einen Rahmen für die geplante Bilanzverkürzung. Damit werde man beginnen, wenn der Zinserhöhungszyklus, also der Prozess für die Anhebung der Fed Funds Rate, läuft. Die Anleihekäufe der Fed führten zu einer Verlängerung der Notenbankbilanz um mehr als 4,8 Billionen US-Dollar seit Beginn der Corona-Pandemie.
Angesichts der deutlichen Inflationssteigerung in den vergangenen Monaten fühlte sich die Fed gezwungen, die Lage neu zu beurteilen. Infolge dessen verdeutlichte die Fed, dass es für sie in den kommenden Monaten oberste Priorität hat die langfristige Preisstabilität, d.h. eine langfristige Inflation von ungefähr 2 %, sicherzustellen. Darüber hinaus signalisierte Fed-Chef Jerome Powell in seiner Kommunikation, dass sich sein Hauptaugenmerk momentan nicht auf die Finanzmärkte richtet.
Die Herausforderung bei der neuen restriktiven Ausrichtung der Geldpolitik besteht darin, die Inflation einzudämmen, ohne das Wachstum zu behindern. Dafür wird die Fed immer wieder nachsteuern müssen. Bei der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses Mitte März dürften die Geldpolitiker der Fed die erste Zinserhöhung beschließen. Mitte Februar wird das Protokoll der Januar-Sitzung veröffentlicht, das die Marktteilnehmer sehr genau betrachten werden. Aktuell rechnen die Märkte für 2022 mit bis zu fünf Zinserhöhungen.
Die Rendite auf 10-jährige US-Staatsanleihen (Treasuries) stieg als Reaktion auf die Fed-Sitzung über die Marke von 1,85 %. Die Europäische Zentralbank hat aktuell keine Pläne für eine Änderung der Geldpolitik.
Bei höherwertigen Anleihen bleiben wir angesichts der fiskalpolitischen und geldpolitischen Unterstützungsprogramme der EZB bei unserer leichten Übergewichtung von Staatsanleihen der europäischen Peripherieländer. Außerdem halten wir an einer deutlich stärkeren Übergewichtung von europäischen Unternehmensanleihen (die durch steigende Risikoprämien in letzter Zeit noch attraktiver geworden sind) fest. Darunter fallen in begrenztem Ausmaß auch nachrangige Unternehmensanleihen. Innerhalb unserer Position in riskanteren, höherrentierlichen Anleihesegmenten behalten wir in kleinem Umfang unsere Vorliebe für Schwellenmarkt- und Hochzinsanleihen bei. Um unser Zinsrisiko im renditestarken Segment zu senken, sind wir bei der Duration zu einer leichten Untergewichtung übergegangen. (Die Duration ist eine Kennzahl für das Zinsänderungsrisiko.)
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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