
Wochenkommentar: Langsamere Zinserhöhungen beflügeln die Börse
Fed-Chef Jerome Powell ging in einer Rede am vergangenen Mittwoch auf die künftige Entwicklung der Zinserhöhungen ein. Er betonte zwar, der Kampf gegen die Inflation sei noch lange nicht vorüber, schien aber anzudeuten, dass die Fed das Tempo ihrer Zinserhöhungen im Dezember drosseln könnte.
Händler hatten im Vorfeld der Rede erwartet, dass Powell einen restriktiveren Ton anschlägt, und sich entsprechend positioniert (mit Verkaufs-Positionen auf 10-jährige US-Treasuries). Als Powell ein geringeres Tempo der Zinserhöhungen signalisierte, waren die Händler gezwungen, ihre Short-Positionen wieder aufzulösen. Dies führte dazu, dass bei Treasuries die Kurse stiegen und die Renditen zurückgingen (Anleiherenditen entwickeln sich umgekehrt zu den Kursen).
Investoren müssen sich darauf einstellen, dass dieses Marktumfeld auch im ersten Quartal 2023 noch bestehen bleibt. Wir gehen davon aus, dass es in Sachen Konjunktur, Inflation und Zentralbankmaßnahmen im ersten Quartal mehr Klarheit gibt. Dies könnte an den Anleihemärkten zu weiterer Volatilität führen.
Die gute Nachricht: Die meisten Markteilnehmer gehen davon aus, dass die Notenbanken gezwungen sind, die Zinsen Ende 2023 und Anfang 2024 zu senken. Vor diesem Hintergrund könnten sich risikobehaftete Vermögenswerte weiter erholen und im Lauf von 2023 sogar attraktiver werden. In Anbetracht dessen und angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Renditen auf 10-jährige Treasuries ihren Höhepunkt bereits hinter sich haben, könnten sich die Investoren auf eine Situation vorbereiten, in der es sinnvoll ist, ihre Risikovermeidung allmählich aufzugeben. Die Umstellung auf eine Übergewichtung von riskanteren Vermögenswerten könnte dann deutlich schneller erfolgen.
Alles in allem könnte sich die kurzfristige Stimmung an den Anleihemärkten vor den letzten Notenbanksitzungen des Jahres 2022, bei denen die Geldpolitiker auch die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen bewerten, schnell ändern. Für längerfristige Investoren ist in unseren Augen jetzt der richtige Zeitpunkt, Chancen an den Anleihemärkten zu suchen. In unserem letzte Woche veröffentlichten Anlageausblick für 2023 gehen wir auf diese Idee näher ein.
Aktien: positive Stimmung
Die Aktienmärkte verzeichneten in der vergangenen Woche eine deutliche Erholung, nachdem Fed-Chef Jerome Powell eine Verlangsamung der Zinserhöhungen signalisiert hatte. Anzeichen dafür, dass China seine „Null-Covid-Politik“ lockern könnte, haben die positive Stimmung verstärkt. In den USA und in Europa haben die Aktienmärkte seit Anfang November rund 6 % zugelegt, in den Schwellenländern betrug das Plus rund 12 %.
Die Sektorbetrachtung zeigt, dass Industrie und Energie vergangene Woche die größten Verluste verzeichneten, während Healthcare, Telekommunikation und der zyklische Konsum am stärksten gefragt waren. Der zyklische Konsum profitierte von einer Erholung bei Luxusgütern und Autos, ausgelöst durch Aussagen von chinesischen Politikern, die einen sanfteren Kurs bei den Corona-Beschränkungen andeuteten.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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