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Wochenkommentar: Inflation erneut überraschend hoch

Wochenkommentar: Inflation tritt in den Hintergrund

Trotz einer „heiß gelaufenen“ Inflationsentwicklung im Juni, laut Verbraucherpreisindex am zurückliegenden Mittwoch ein Anstieg von 9,1 % gegenüber dem Vorjahr, reagierten die Aktienmärkte kaum noch darauf. Der Nasdaq Index fiel in der vergangenen Woche um 1,6 %, der S&P 500 verlor 0,9 %. 

Diese Reaktion der Aktienmärkte hatte sicher mit der Entwicklung an den Rentenmärkten zu tun, wo die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen ebenfalls kaum reagierte und unter der Marke von 3 % blieb. Es stellt sich die Frage: Was sind die neuen Treiber der Finanzmärkte? In unseren Augen sind es die zukünftigen Reaktionen der Notenbanken und die Wirtschaftsdaten in Form von BIP und Unternehmensgewinnen.

Bei den Notenbanken rechnen die Investoren inzwischen damit, dass die Fed Anfang 2023 die Zinsen deutlich senkt, was bedeutet, dass der US-Leitzins, die Fed Funds Rate, Ende 2023 bereits auf 3 % zurückfallen könnte. Diese Prognose dürfte in den kommenden Monaten getestet werden. 

Aktuell scheint den Investoren der Wachstumsausblick wichtiger zu sein. In den vergangenen Wochen hat sich die konjunkturelle Dynamik vor allem in den USA erheblich verschlechtert. In der Folge haben sich zyklische Sektoren, insbesondere Energie, in den vergangenen Wochen unterdurchschnittlich entwickelt. 

In den kommenden Wochen werden die Quartalszahlen der Unternehmen die Aktienmärkte maßgeblich bestimmen. Bislang hat sich die Gewinndynamik als recht widerstandsfähig erwiesen. Analysten rechnen für das zweite Quartal mit einem Gewinnwachstum von 4,1 % gegenüber dem Vorjahr; das ist nach einer Reihe von erfolgreichen Quartalen eine gute Performance.

Wenn so ein Ergebnis für das zweite Quartal zu erwarten ist, könnte der Ausblick der Unternehmen für die Investoren deutlich wichtiger sein. Hier sollten wir aus einer Reihe von Gründen mit vorsichtigen Vorgaben rechnen: Das Wirtschaftswachstum in den USA bleibt hinter den Erwartungen zurück, international tätige US-Unternehmen müssen mit einem unerwartet starken Dollar zurechtkommen und europäische Unternehmen kämpfen mit höheren Energiepreisen als sie dachten. Die Banken gehören zu den ersten Sektoren, die Geschäftszahlen für das zweite Quartal vorgelegt haben.

Anleihen: riskante Segmente unter Druck 

Bei den Inflationsdaten für Juni hatte der Markt nach einer Verschärfung um 1 Prozentpunkt im Mai mit einem weiteren Anstieg um 1,1 Prozentpunkte im Juni gerechnet, aber tatsächlich erhöhte sich die Teuerung in den USA um 1,3 Prozentpunkte auf 9,1 % gegenüber Vorjahr. Erwartet worden waren 8,8 %. Es ist der stärkste Inflationsanstieg seit November 1981.

Dabei erstreckte sich die Teuerung auf alle Sektoren; am stärksten war sie aber in den Sektoren Energie, Wohnimmobilien und Lebensmittel. Die Energiepreise stiegen im Juni um 7,5 % – bei Benzin waren es sogar 11,2 %. Das ist nahezu die Hälfte des Gesamtanstiegs des Index. Aber auch wenn man die volatilsten Bereiche wie Energie und Lebensmittel herausrechnet, sind die Preise stärker gestiegen als erwartet. 

Die über den Erwartungen liegende Inflation bestärkte die US-Notenbank Fed in ihrer Strategie, die Zinsen noch schneller anzuheben. Doch trotz der Bekämpfung der Inflation in den vergangenen Monaten ist die Kaufkraft der Haushalte zurückgegangen. Während die Märkte für die nächste Sitzung der amerikanischen Geldpolitiker nach wie vor eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte einpreisen, wächst der Verdacht, die Fed könnte sogar um 100 Basispunkte nach oben gehen – so einem Schritt wird eine Wahrscheinlichkeit von 41 % beigemessen. Diese Spekulation erhielt zusätzliche Nahrung durch die überraschende 100-Basispunkte-Erhöhung der kanadischen Notenbank auf 2,5 % – 100 Basispunkte über dem Leitzins in den USA.   

Das Tempo der Inflation dürfte die Bedenken im Hinblick auf riskante Anleihen vermutlich nicht ausräumen. Die Renditen auf Hochzinsanleihen sind in den vergangenen Wochen gestiegen, vor allem in Europa. Gegen Ende eines Konjunkturzyklus, wenn die Bewertungen fallen, die Gewinnentwicklung schwächer wird, der Zugang zu Finanzierung schlechter wird und die Zinsen steigen, wird das Hochzinssegment in der Regel anfälliger. Und genau diese Entwicklungen sind aktuell zu beobachten. Auch wenn die Fundamentaldaten der Unternehmen nach wie vor gut sind, deuten vorausschauende Indikatoren auf eine steigende Zahl von Zahlungsausfällen hin. 

Was unsere Allokation in Anleihesegmenten mit hohem Rating betrifft, bleiben wir bei unserer leichten Übergewichtung von europäischen Peripherieländerstaatsanleihen und französischen Staatsanleihen. Außerdem behalten wir angesichts attraktiver Risikoprämien eine begrenzte Übergewichtung von europäischen Unternehmensanleihen bei. Innerhalb unserer Position in riskanteren, renditestärkeren Anleihesegmenten behalten wir eine neutrale Einstufung von Schwellenmarktanleihen und eine negative Einschätzung von Hochzinsanleihen, insbesondere europäischen Hochzinsanleihen bei.

 

Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.

 

Foto: g0d4ather / Shutterstock.com