
Wochenkommentar: Im Herzen der Berichtssaison
Die Finanzmärkte mussten in dieser Woche eine Vielzahl von Informationen verdauen. Die Gewinnsaison ist in vollem Gange. Außerdem warteten die Anleger gespannt auf die in dieser Woche stattfindenden Sitzungen der Fed und der EZB. In der Zwischenzeit konnten die Aktienmärkte ihre früheren Gewinne halten.
Zunächst einmal gab es in China eine gewisse Erleichterung. Die chinesische Führung kündigte weitere Unterstützungsmaßnahmen an, um den Immobiliensektor zu stärken und den Konsum anzukurbeln. Diese Nachricht wurde von den Märkten positiv aufgenommen, auch wenn einige Anleger auf klarere Maßnahmen gehofft hatten. In dieser Woche standen mehrere Zentralbanksitzungen an. Besonders gespannt waren die Märkte auf die geldpolitischen Entscheidungen und den Ausblick der Federal Reserve.
Das Ergebnis der Fed-Sitzung hat die Aktienmärkte jedoch nicht überrascht. Die US-Notenbank hob ihren Leitzins um 25 Basispunkte an, was allgemein erwartet worden war. Die Fed bekräftigte, dass künftige Zinserhöhungen angemessen sein könnten, dass die Politik jedoch von den eingehenden Daten abhängen werde. Daher werden die Inflations-, BIP- und Arbeitsmarktdaten in Zukunft noch genauer beobachtet werden.
Seit der Quartalswende befinden sich die Märkte nach einem schleppenden Monatsbeginn im Aufwärtstrend. Während IT, zyklische Konsumgüter und Kommunikationsdienste in der ersten Jahreshälfte eindeutig die besten Ergebnisse erzielten, holen andere Sektoren etwas auf. In den letzten Wochen haben sich Energie, Finanzwerte und Grundstoffe besser entwickelt, während zyklische Konsumgüter und IT in letzter Zeit zurückgeblieben sind.
Anleihen - Langfristige Anleihen könnten attraktiv sein
Eine inverse Renditekurve, bei der die Renditen von Anleihen mit kurzer Laufzeit höher sind als die Renditen von Anleihen mit langer Laufzeit, ist das Gegenteil von dem, was wir normalerweise auf den Märkten beobachten. Die Anleger benötigen in der Regel eine höhere Rendite, um ihr Geld länger zu leihen. Eine Umkehrung der Renditekurve ist oft ein Vorbote einer Rezession.
Seit 2022 ist die Renditekurve invertiert. Dies ist die Folge der Anhebung der kurzfristigen Leitzinsen durch die Zentralbanken mit dem Ziel, die finanziellen Bedingungen zu verschärfen, die Wirtschaft zu bremsen und die Inflation einzudämmen. Wenn es schließlich zu einer Rezession kommt, werden die Aktienmärkte wahrscheinlich fallen - und die Anleger fliehen in sichere Anleihen, was die Renditen nach unten drückt.
In dieser Woche haben die Europäische Zentralbank (EZB) und die Federal Reserve (Fed) ihre Leitzinsen erneut erhöht. Die Märkte haben dies vorausgesehen und blieben ruhig. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass sowohl die Fed als auch die EZB ihre Leitzinsen auf oder nahe ihrem Höchststand haben. Die Inflation, die zuvor hartnäckig hoch war, ist rückläufig. Und es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass sich die westlichen Volkswirtschaften weiter abkühlen.
Ein Aspekt, der bei der Betrachtung von Renditen häufig übersehen wird, ist das Wiederanlagerisiko. Anleger, die derzeit mit hohen kurzfristigen Renditen und niedrigeren langfristigen Renditen konfrontiert sind, entscheiden sich meist für kurzfristige Anleihen. Sie glauben, dass sie mit diesen Anleihen höhere Renditen erzielen können, was aber nicht unbedingt stimmt. Die Renditen für 2-jährige Bundesanleihen (deutsche Staatsanleihen) liegen derzeit bei 3,1 %, während die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen bei 2,45 % liegen. Da eine 2-jährige Anleihe in zwei Jahren fällig wird, müssen die Anleger ihr Kapital dann wieder anlegen. In zwei Jahren kann eine Menge passieren.
Ein Beispiel: Vor zwei Jahren lag die 2-jährige Rendite bei -0,75 %. Wir rechnen zwar nicht damit, dass die Renditen wieder negativ werden. Aber das Beispiel zeigt, dass sich das Renditeniveau ändern kann. Daher ist es ratsam, sich des Wiederanlagerisikos bewusst zu sein. Bevor man sich für die höhere Rendite entscheidet, sollte man sich überlegen, ob man bereit ist, für die nächsten zwei Jahre zusätzliche 0,6 % (die derzeitige Renditedifferenz zwischen 2- und 10-jährigen Bundesanleihen) in Kauf zu nehmen, anstatt 2,45 % für die nächsten 10 Jahre.
Anleger könnten sich auch fragen, ob sie in den nächsten zwei Jahren mit einer 10-jährigen Anleihe eine höhere Rendite erzielen können als mit einer 2-jährigen Anleihe. Die Antwort lautet ja, vorausgesetzt, die Renditen sinken. Die Kurse langfristiger Anleihen steigen viel stärker, wenn die Renditen fallen, als die von Anleihen mit kurzer Laufzeit. (Die Kurse von Anleihen entwickeln sich umgekehrt zu den Anleiherenditen.) Außerdem besteht für die Anleger nach zwei Jahren nicht das Risiko einer Wiederanlage, da sie ihre Anleihen länger halten können.
Da die inverse Renditekurve darauf hindeutet, dass wir wahrscheinlich auf eine Rezession zusteuern, werden die Anleiherenditen voraussichtlich sinken. Für Anleger, die an einen Rückgang der Inflation glauben, könnten langfristige Anleihen interessanter sein, als sie scheinen.
In letzter Zeit haben Ökonomen über die Möglichkeit eines "No-landing"-Szenarios nachgedacht, bei dem eine Rezession vermieden wird, während die Inflation auf ein akzeptables Niveau zurückgeht. Auch in diesem Fall könnten die Renditen sinken, da die Zentralbanker immer noch geneigt wären, ihre Leitzinsen zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Nur wenn die Inflation wieder ansteigt oder nicht weiter sinkt, würden langfristige Anleihen an Attraktivität verlieren. In der vergangenen Woche haben wir beschlossen, langfristige Anleihen stärker in unseren Portfolien zu berücksichtigen.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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