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Wochenkommentar: Märkte im Bann der Zinsen

Wochenkommentar: Hohe Volatilität durch Unsicherheit

Der Krieg in der Ukraine lastete auch in der vergangenen Woche auf den Aktienmärkten und führte weiterhin zu einer hohen Volatilität. Die in der Vorwoche verhängten Sanktionen wurden durch weitere Maßnahmen ergänzt: Sowohl die USA als auch Großbritannien kündigten einen Importstopp für russisches Erdöl und Erdgas an.

Darüber hinaus haben sich zahlreiche westliche Unternehmen aus verschiedenen Sektoren entschlossen, ihr Geschäft in Russland einzustellen. Unter den prominenteren Namen, die in Russland keine Kunden mehr bedienen, sind McDonald’s, Unilever, Procter & Gamble, Apple, Microsoft und Louis Vuitton.

Zu Wochenbeginn setzten die Aktienmärkte den Abwärtstrend fort, der mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine einsetzte. Am Mittwoch drehte die Stimmung der Investoren ins Positive, weil es ermutigende Nachrichten gab: Russland und die Ukraine seien zu Gesprächen bereit, und einige OPEC-Mitglieder deuteten eine mögliche Ausweitung der Produktion an. Doch trotz einer leichten Erholung am Mittwoch blieben die Aktienmärkte insgesamt dennoch im Minus. Europa konnte hingegen eine positive Wertentwicklung verzeichnen. Die Märkte bleiben jedoch vorerst volatil.

Die Aktien von Versorgern sowie Energie- und Industrieunternehmen sind in Europa gestiegen, während in den USA nur der Sektor Energie eine positive Wertentwicklung verzeichnete. Die Sektoren Basiskonsumgüter und Grundstoffe verzeichneten sowohl in Europa als auch in den USA eine negativen Wertentwicklung.

Auf Einzelunternehmensebene verzeichneten sowohl traditionelle Energieunternehmen, die auf fossile Brennstoffe setzen, als auch die führenden Vertreter im Bereich der erneuerbaren Energien positive Kursentwicklungen. Viele Unternehmen mit den negativsten Wertentwicklungen gehörten zum Sektor des zyklischen Konsums.

Anleihen: Unsicherheit dominiert

Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine wurden die Anleihemärkte weiterhin von Unsicherheit dominiert. Europas Abhängigkeit von russischen Importen manifestierte sich in einer Kombination aus steigenden Inflationserwartungen und einer sinkenden Realverzinsung an den Rentenmärkten. Weiter verschlimmert wurde die Lage durch die Forderung, Energieimporte aus Russland zu stoppen, und der Drohung aus Russland, seinerseits die Gaslieferungen teilweise einzustellen.

Die Angst vor einer eskalierenden Energiekrise treibt die Inflationserwartungen in Europa, die inzwischen deutlich über dem EZB-Ziel von 2 % liegen, weiter in die Höhe. Dabei belastet sie auch die Realverzinsung in Deutschland aufgrund der gravierenden Auswirkungen von steigenden Rohstoffpreisen auf die Wirtschaft. Eine über dem Ziel liegende Inflation in Verbindung mit einer sich nur langsam von der Pandemie erholenden Konjunktur, die zusätzlich von steigenden Rohstoffpreisen gebremst wird, stellt die EZB vor ein mögliches Stagflationsdilemma. Bei ihrer Sitzung am Donnerstag kündigte die EZB an, die Anleihekäufe schneller als zuvor erwartet zurückzufahren, was die Inflationssorgen der Notenbank unterstreicht. In den USA rechnen die Investoren für dieses Jahr weiterhin mit mehreren Zinserhöhungen.

Anders als die EZB hat die Fed nicht nur mit einer hohen Inflation zu kämpfen, sondern auch mit einer dynamischen Lohnentwicklung und einem Arbeitsmarkt, der sich der Vollbeschäftigung nähert. Der Druck der Fed, die Zinsen zu erhöhen, zeigte sich vor allem bei den Renditen auf Anleihen mit kurzen Laufzeiten, was die Renditekurve noch flacher werden ließ.

Trotz der wachsenden Unsicherheit sind die Risikoaufschläge in den Peripherieländern der Eurozone gefallen. Grund hierfür ist, dass die Investoren mit einer weniger restriktiven Geldpolitik der EZB rechnen und mit einem stärkeren Bestreben auf eine gemeinsame europäische Fiskalpolitik hinzuarbeiten. Wir behalten die Entwicklung genau im Auge, da die Lage insbesondere in Italien durch eine erhebliche Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, die 2023 anstehenden Wahlen und eine hohe Verschuldung erschwert wird, vor allem vor dem Hintergrund der trüberen konjunkturellen Aussichten.

Die Risikoprämien von Unternehmensanleihen sind sowohl im Investment-Grade- (hohe Bonität) als auch im Hochzinssegment weiter gestiegen. Auch wenn die Bewertungen nach historischen Standards immer attraktiver aussehen und die Unternehmen weiterhin von guten Fundamentaldaten profitieren, bleiben wir vor dem Hintergrund einer möglichen weiteren Eskalation in der Ukraine vorsichtig. Im Hinblick auf die Schwellenländer ist eine differenzierte Beurteilung besonders wichtig. Steigende Weizenpreise stellen eine Herausforderung dar, und einige osteuropäische Märkte fühlen sich aufgrund ihrer Energieabhängigkeit von Russland unter Druck.

Gleichzeitig profitieren allmählich viele Rohstoffexportländer von steigenden Preisen. Während sich die Zentralbanken der Industrieländer immer wieder den Vorwurf gefallen lassen müssen, sie würden zu spät auf die Entwicklung reagieren, profitieren viele Schwellenländer von vergleichsweise geringen Verschuldungsquoten und einem aus ihrer Sicht guten Timing der Zinserhöhungen.

Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.

Foto: Kurt Kleemann / Shutterstock.com