
Wochenkommentar: Guter Start der Berichtssaison
Die Aktienmärkte hatten eine gute Woche: Sowohl der S&P 500 als auch der MSCI Europe sind gestiegen, was unter anderem am erfreulichen Beginn der Berichtssaison für das dritte Quartal lag. Zu den Stimmungskillern an den Börsen zählen die immer noch hohe Inflation und die Zinserhöhungen der Zentralbanken, denn die Notenbanker machen bis-lang keine Anstalten, ihren geldpolitischen Kurs zu ändern.
Viele Analysten hatten prognostiziert, dass die Inflation, höhere Zinsen und ein schwächeres Wirtschaftswachstum deutliche Spuren in den Gewinnen der Unternehmen hinterlassen werden. In der Berichtssaison für das zweite Quartal hatten sich solche Prognosen noch als weitgehend falsch erwiesen. Dennoch fielen die Erwartungen der Analysten auch für das dritte Quartal pessimistisch aus. Aber vorerst sehen auch diese Geschäftszahlen besser aus als erwartet. Da sich die Finanzmärkte aktuell in einer nervösen und erratischen Phase befinden, können sie etwas Unterstützung durch gute Unternehmenszahlen gut gebrauchen.
Ende der Vorwoche hatten eine Reihe von US-Banken auf der Basis von steigenden Zinserträgen über den Erwartungen liegende positive Geschäftszahlen gemeldet. In der vergangenen Woche zogen die amerikanischen Wettbewerber nach und übertrafen mit ihren Quartalszahlen ebenfalls die Erwartungen. Auch außerhalb des Finanzsektors veröffentlichten einige Unternehmen erfreuliche Ergebnisse.
Das Zusammenspiel aus einer drohenden Energiekrise, Rezessionsrisiken und einer übermäßigen Inflation macht Politik und Notenbanken zu schaffen und gipfelte in der vergangenen Woche erneut in einer hohen Volatilität an den Anleihemärkten. Der neue britische Finanzminister konnte zwar mit der Ankündigung, einen Großteil der Steuerpläne seines Vorgängers wieder zurückzunehmen, die Anleihemärkte beruhigen, aber die Zentralbanken betonten erneut, die Bekämpfung der Inflation habe für sie Priorität. Joachim Nagel, Mitglied im EZB-Rat, ließ erkennen, dass die Europäische Zentralbank wohl schon bald mit dem Abbau ihres Anleiheportfolios beginnen dürfte. Darüber hinaus warnten die Notenbankchefs von Zypern und Irland vor den Risiken einer anhaltenden Inflation, und sie betonten erneut, dass weitere Zinssteigerungen unvermeidbar seien.
Die Debatte über eine Verkürzung der EZB-Bilanz war einer der Gründe für die außergewöhnlich schwache Nachfrage bei neuen Anleiheemissionen. Die komplexe Situation spiegelte sich in einer breiten Handelsspanne für Staatsanleihen. Während die Rendite auf 10-jährige Bundesanleihen zu Wochenbeginn im Windschatten der Erholung britischer Papiere zurückging, stieg sie in der zweiten Wochenhälfte auf über 2,4 % an.
Europäische Staatsanleihen werden angesichts ihres jüngst so deutlichen Anstiegs und einer drohenden Rezession immer attraktiver. Peripherieländeranleihen werden ebenfalls immer reizvoller und dürften künftig von einer proeuropäischen Fiskalpolitik profitieren, aber in diesem Anleihesegment rechnen wir dennoch mittelfristig mit einer weiterhin hohen Volatilität. Insbesondere in Italien dürften die Regierungsbildung und Bedenken wegen der steigenden Staatsverschuldung im Mittelpunkt bleiben und für Unsicherheit sorgen. Die Aussicht auf eine anhaltende geldpolitische Verknappung ließ auch die Renditen auf US-Anleihen weiter steigen. Neel Kashkari, der Chef der Fed in Minneapolis, sagte, weitere Zinserhöhungen könnten die Zinsen noch weiter steigen lassen als die Investoren denken, wenn die Inflation nicht nachlässt.
Das schwierige Umfeld, in dem unter anderem eine Gasknappheit droht, verschlechtert auch die Rahmenbedingungen für Unternehmensanleihen zunehmend und hat dazu geführt, dass die Risikoaufschläge im Investment-Grade-Segment inzwischen auf einem Niveau liegen, dass in der Vergangenheit nur in schweren Rezessionen überschritten wurde. Da insbesondere die Renditeaufschläge von Hochzinsanleihen diese Risiken noch nicht angemessen widerspiegeln, bleiben wir in diesem Segment bei unserer aktuellen Untergewichtung.
In dieser Woche stehen wichtige Wirtschaftsdaten an. In den USA werden Einkaufsmanagerindizes Aufschluss über die Lage in der Fertigungsindustrie und im Dienstleistungssektor geben. Auch die Beschäftigungsdaten werden im Mittelpunkt stehen, denn sie könnten für die weitere Richtung der Geldpolitik eine Rolle spielen. In der Eurozone wird neben der Verbraucherpreisinflation die EZB-Sitzung am Donnerstag im Mittelpunkt stehen, bei der eine weitere Zinserhöhung um 75 Basispunkte erwartet wird.
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