
Wochenkommentar: Gewinnsaison in vollem Gange
Die Gewinnsaison ist in vollem Gange, was bedeutet, dass die Unternehmensnachrichten mit Gewinnveröffentlichungen und Umsatzmeldungen vollgepackt sind. Zwar sinken die Ergebnisse der Unternehmen im Vorjahresvergleich, dennoch werden die teils niedrigen Erwartungen häufig auch geschlagen.
Aber es sind nicht nur die Unternehmensergebnisse, die die Marktstimmung bestimmen. Die Aktienmärkte verfolgen auch aufmerksam die makroökonomischen Entwicklungen. Die jüngsten Daten sind jedoch gemischt. Die Schnelldaten des Einkaufsmanagerindex für die USA und die Eurozone für April zeigten beispielsweise eine gewisse Verbesserung, die vor allem auf die Dienstleistungskomponente zurückzuführen war. Ein rückläufiger Philly-Fed-Index, der das Geschäftsklima misst, sowie steigende wöchentliche und fortgesetzte Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in den letzten Wochen nähren jedoch die Vorstellung einer Konjunkturabschwächung, die mit unserem Basisszenario übereinstimmt. In der kommenden Woche werden sich die Märkte auf die Ergebnisse der Sitzungen der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank konzentrieren.
Eine Berichterstattung zu den Unternehmensergebnisse stellen wir an dieser Stelle unseren Kundinnen und Kunden im nicht-öffentlichen Bereich zur Verfügung.
Anleihen: Möglicher Politikfehler vorprogrammiert?
Im Allgemeinen tritt der Straffungszyklus der US-Notenbank in seine letzte Phase ein, wenn die Leitzinsen, bereinigt um die Kerninflation, positiv sind. Ein Blick auf frühere Straffungszyklen zeigt, dass die "realen" Fed-Fund-Sätze, die derzeit bei -60 Basispunkten (Bp) verharren, zuvor viel höher waren (+50 Bp bis 400 Bp). Dementsprechend könnte man argumentieren, dass die Federal Reserve noch einen langen und holprigen Weg vor sich hat, um die realen Zinssätze hoch genug zu bekommen, um den Teufelskreis der Inflation zu durchbrechen.
Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Fed den Leitzins in der nächsten Woche angesichts der Beschäftigungs- und Inflationsdaten um 25 Basispunkte auf 5,25 % (am oberen Band) anheben wird. Das Heimtückische an der ganzen Sache wird sein, dass der Fed-Vorsitzende Jerome Powell angesichts einer Kerninflation von 5,6 % und einer Arbeitslosenquote von 3,5 % eine Pause signalisieren wird. Dies ist deshalb so heimtückisch, weil negative Realzinsen die Gefahr bergen, dass die Inflation bei Waren und Gütern wieder ansteigt und sich die Inflation im Dienstleistungsbereich festsetzt. Infolgedessen würde ein solches Umfeld die Fed zwingen, zu einer Straffung zurückzukehren, was ihrem Ruf schaden würde. Die Anleger werden daher den am 5. Mai zu veröffentlichenden Beschäftigungszahlen große Aufmerksamkeit widmen.
Es ist nach wie vor bemerkenswert, wie wenig sich die Renditenaufschläge für US- und Euro-Unternehmensanleihen während des geldpolitischen Straffungszyklus erhöht haben. Und das, obwohl die Fed die Leitzinsen seit Anfang 2021 um 475 Basispunkte und die EZB um 350 Basispunkte angehoben hat. Was die EZB betrifft, so haben die Entscheidungsträger vor kurzem eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte angedeutet. Die Aussichten sind jedoch getrübt, nachdem die Rezessionsängste zunehmen, die Kreditvergabestandards verschärft werden und die Insolvenzen der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse weitere Auswirkungen haben.
In diesem Zeitraum haben sich die Renditenaufschläge für US-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating innerhalb der Bandbreite von einem bis zehn Jahren um 60 Basispunkte ausgeweitet, die für Euro-Unternehmensanleihen um rund 70 Basispunkte. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Hochzinsanleihen. Dies deutet darauf hin, dass die Renditen jetzt als wichtiger angesehen werden sollten als die Kreditrisikoaufschläge, da die nominalen Renditen viel attraktiver geworden sind als zuvor. In Anbetracht der wichtigen Schlagzeilen, die in der nächsten Woche erwartet werden, zusätzlich zu den oben genannten Ereignissen und angesichts der laufenden Gewinnsaison erwarten wir jedoch, dass die Handelsvolumina auf dem Markt für Unternehmensanleihen dünn bleiben werden. Dies könnte zu einer gewissen Volatilität der Kreditrisikoaufschläge führen, insbesondere bei Emissionen mit niedrigerem Rating.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
Foto: denisismagilov / Adobe Stock