
Wochenkommentar: Gewinnsaison erhält die Aufmerksamkeit
Die Gewinnberichtssaison hat gestartet. Traditionell sind die US-Banken die ersten, die Bericht erstatten. Die großen Kreditinstitute haben ihr zweitprofitabelstes Jahr hinter sich, was auf Zinsänderungen und einen Anstieg der Gebühren im Investmentbanking zurückzuführen ist.
Der Bloomberg-Konsens geht davon aus, dass die Gewinne der S&P 500-Unternehmen um einen hohen einstelligen Prozentsatz steigen werden, während die Umsätze um einen mittleren einstelligen Prozentsatz zunehmen werden. Ein Großteil der Aufmerksamkeit wird auf großen Technologieunternehmen liegen, insbesondere im Bereich der KI-Entwicklungen. Für die europäischen Unternehmen werden dagegen nur bescheidene Zuwächse prognostiziert, die sowohl beim Gewinn als auch beim Umsatz im niedrigen einstelligen Bereich liegen. Dies ist vor allem auf schwache Autoverkäufe und eine schleppende deutsche Wirtschaft zurückzuführen.
Die europäischen Unternehmen könnten auch mit möglichen US-Zöllen konfrontiert werden, während die amerikanischen Exporte durch den starken Dollar beeinträchtigt werden könnten. In Anbetracht dieser Unsicherheiten dürften die europäischen Unternehmen mit ihren Prognosen vorsichtig sein, insbesondere was die Auswirkungen neuer Zölle während der Präsidentschaft von Donald Trump betrifft. Die jüngste Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar verschafft den EU-Unternehmen und insbesondere den deutschen Automobilherstellern jedoch eine gewisse Erleichterung. Zusätzliche Unterstützung könnte von möglichen Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank kommen.
Anleihen: Geht es nur um Inflation?
Zu Beginn der Woche stiegen die Anleiherenditen weiter an und setzten damit den seit Dezember letzten Jahres zu beobachtenden Trend steigender Renditen fort. Dies geschah bis Mittwoch, als die Renditen nach dem US-Inflationsbericht drastisch fielen. Die Kerninflation in den USA ging schließlich zum ersten Mal seit Juli wieder zurück und durchbrach damit die jüngste Reihe von Daten, die die Wahrscheinlichkeit eines "No-landing"-Szenarios in den USA erhöht hatten. Bei einem "No-landing"-Szenario gehen sowohl das Wachstum als auch die Inflation nicht zurück, was bedeutet, dass die US-Notenbank die Zinsen nicht weiter senken kann und möglicherweise sogar irgendwann anheben muss. Dies ist daher negativ für Anleihen und möglicherweise auch weniger positiv für risikobehaftete Vermögenswerte als ein Szenario, bei dem die Inflation sinkt und das Wachstum anhält. Sind die Märkte also wieder in einer Situation, in der sich alles um die Inflation dreht?
Bis zu einem gewissen Grad ist das wahr. Das mag überraschend klingen, wenn man bedenkt, dass Trumps Amtseinführung nächste Woche ansteht. Aus Trumps Wahlkampfrhetorik wissen wir, dass sein Schwerpunkt auf Zöllen, Steuern und Einwanderung liegen könnte. Die Anleger haben jedoch keine klaren Anhaltspunkte über die Form, das Ausmaß und den Zeitpunkt der Maßnahmen der Trump-Administration. Trumps Amtsantritt ist zwar in der Tat ein wichtiger Faktor für die Märkte, aber vor allem wegen der Auswirkungen, die seine Politik auf die Inflation haben könnte. Und wenn die Inflation zu hoch bleibt, könnte seine Politik noch Öl ins Feuer gießen.
Der Anstieg der Renditen von US-Staatsanleihen war für uns keine große Überraschung. Aufgrund der anhaltenden Stärke der US-Wirtschaft und der möglichen Auswirkungen der kommenden Trump-Regierung waren wir bei den Renditen von US-Staatsanleihen vorsichtig. Was uns jedoch überrascht hat, ist die Tatsache, dass die Renditen von deutschen Bundesanleihen fast parallel dazu gestiegen sind. Obwohl höhere US-Staatsanleiherenditen immer einen Aufwärtsdruck auf die Renditen weltweit ausüben, sind wir der Meinung, dass die Auswirkungen in den letzten Monaten übertrieben waren.
In Europa ist die Wirtschaft viel schwächer als in den USA, und ein Rückgang der Inflation scheint sicher zu sein. Außerdem glauben wir, dass etwaige US-Zölle das Wachstum eher bremsen als die Inflation in Europa anheizen werden. Wir halten es daher für wahrscheinlicher, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen senkt, und zwar stärker als die US-Notenbank. Und wir gehen weiterhin davon aus, dass die Divergenz in der Geldpolitik letztlich zu einer Divergenz zwischen den Renditen von US-Staatsanleihen und Bundesanleihen führen wird. Wir setzen daher weiterhin auf langlaufende Anleihen aus dem Euroraum.
Redaktionsschluss: donnerstags 15 Uhr