
Wochenkommentar: Erste Erholungen am Aktienmarkt
Derzeit haben die Märkte mit der anhaltenden Inflation und einem möglicherweise nachlassenden Wachstum zu kämpfen. Dieses Stagflationsszenario würde sich negativ auf die Stimmung der Investoren auswirken, da dies zu einer geringeren Nachfrage sowie zu geringeren Margen führen könnte.
Dies erklärt auch die teilweise extrem negativen Marktreaktionen auf einige der jüngsten Quartalsberichte. In vielen Fällen sind die Aktienbewertungen attraktiver geworden, jedoch sollten Investoren hier vorsichtig agieren und beachten, ob die Maßnahmen der Notenbanken zur Inflationsbekämpfung ihre erwünschte Wirkung zeigen.
Insgesamt haben sich die Industrieländer seit dem Ende der Vorwoche erholt, wobei die US-Märkte eine bessere Wertentwicklung als die europäischen Märkte zu verzeichnen hatten. Die Schwellenmärkte entwickelten sich im gleichen Zeitraum negativ. Aus Sektorperspektive auf globaler Ebene haben sich der zyklische Konsum und Finanzen überdurchschnittlich entwickelt, während Healthcare und Kommunikationsdienstleistungen zwar eine positive, jedoch unterdurchschnittliche Wertentwicklung zu verzeichnen hatten. Negativ entwickelten sich in Europa ausschließlich die Versorgungsbetriebe.
Anleihen: Preist der Hochzinssektor eine Rezession ein?
Aus Sicht der Investoren bleibt weiterhin fraglich, ob Verbraucher und Unternehmen der hohen Inflation, steigenden Zinsen, schlechteren finanziellen Rahmenbedingungen und restriktiven Zentralbanken standhalten können.
Unsere Volkswirte gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft einer Rezession entgehen kann. Der allgemeine Konsens unter Ökonomen beziffert die Wahrscheinlichkeit, dass es in den USA und in der Eurozone zu einer Rezession kommt, auf 30 %. Eine unmittelbar bevorstehende Rezession ist daher zumindest nicht das wahrscheinlichste Szenario. Interessant ist jedoch, dass die meisten Volkswirte, auch unsere eigenen, ein niedrigeres Wachstum und eine längere Inflationsphase prognostizieren als ursprünglich gedacht.
Unterdessen haben die Aktienmärkte seit Jahresbeginn rund 10 % (MSCI World Index) an Wert verloren, und die Risikoaufschläge bei riskanten und nicht so riskanten Unternehmen sind dieses Jahr bereits deutlich gestiegen.
JPMorgan hat vergangene Woche ein Research-Dokument veröffentlicht, das in Bezug auf die Anleihepreise einige Erkenntnisse bereithält. Die Spreads (Risikoprämien) von Hochzinsunternehmensanleihen sind seit Anfang April um rund 150 Basispunkte auf rund 530 Basispunkte gestiegen. Damit liegen sie aber kaum über dem langfristigen Durchschnitt außerhalb von Rezessionsphasen, der bei 520 Basispunkten liegt. Selbst die Risikoprämien von CCC-Anleihen (Anleihen von Emittenten mit dem größten Ausfallrisiko) sind nicht weit (5-10 %) von ihrem langfristigen Durchschnitt außerhalb von Rezessionsphasen entfernt. Die Anleihemärkte preisen also offenbar keine Risikoereignisse wie eine Rezession ein.
Interessant ist außerdem, wie sehr die Hochzins-Spreads in der Vergangenheit in einem vergleichbaren Marktumfeld gestiegen sind, also in Phasen mit Marktstress, denen keine Rezession nachfolgte. Im vierten Quartal 2018 erreichten die Hochzins-Spreads 580 Basispunkte, im ersten Quartal 2016 lagen sie bei 920 Basispunkten, und während der Eurokrise von 2010 bis 2012 lagen die Risikoaufschläge im Durchschnitt bei 636 Basispunkten. Ausgehend von der historischen Entwicklung der Hochzins-Spreads könnten die Risikoaufschläge also noch etwas weiter steigen, ohne eine unmittelbar bevorstehende Rezession zu signalisieren.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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