
Wochenkommentar: Die Fed schafft Klarheit
Am Mittwoch gab die US-Notenbank Fed ihr weiteres Vorgehen bezüglich Zinserhöhungen und dem Tapering bekannt. Die Aktienmärkte reagierten positiv auf die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell.
Die drei für 2022 erwarteten Zinserhöhungen der Fed lassen Aktien ausreichend Spielraum für eine positive Wertentwicklung. Die Investoren zeigten sich darüber erfreut und befeuerten am Mittwoch eine kleine Weihnachtsrally. Unsicherheit gehört jedoch zu den Dingen, die die Finanzmärkte am wenigsten mögen. Dies äußerte sich in den vergangenen Tagen durch sehr volatile Märkte und Sektor-Rotationen im erheblichen Umfang. Vor allem Hyper-Growth-Aktien von Unternehmen, bei denen erst in ferner Zukunft Gewinne und Cashflows erwartet werden, wurden abgestraft. Stattdessen griffen die Marktteilnehmer zu Growth-Titel mit stabileren Bilanzkennzahlen. Growth-Aktien zeichnen sich generell durch ein hohes Umsatzwachstum aus und operieren häufig in innovationsreichen Geschäftsfeldern.
Der S&P 500 Index in US-Dollar sank in den vergangenen sechs Tagen um 1,9 Prozent, während der STOXX 600 Index rund 1,3 Prozent an Wert verlor. Growth-Aktien verzeichneten größere Verluste als Value-Titel. Als Value-Aktien werden jene Unternehmen betitelt, welche ein bewährtes Geschäftsmodell nutzen und deren Aktie unter Wert gehandelt wird.
Wir starten mit einer Übergewichtung von Aktien und einer leichten Präferenz für zyklische Sektoren in das Jahr 2022.
Anleihen: Zentralbanken stehen im Mittelpunkt
In einer Woche, in der drei große westliche Notenbanken ihren geldpolitischen Kurs bekannt gaben – die Fed in den USA, die EZB in Europa und die Bank of England (BoE) in Großbritannien –, standen die Anleihemärkte ganz im Zeichen der Geldpolitik. Die Fed kündigte eine schnellere Rückführung ihrer Anleihekäufe an und plant vor dem Hintergrund der hohen Inflation 2022 bis zu drei Zinserhöhungen. In den USA ist die Inflation so hoch wie seit 1982 nicht mehr, und die Fed bezeichnet sie offiziell nicht mehr als „vorübergehend“, obwohl sie weiterhin von Energiepreisen und Lieferengpässen getrieben wird. Zusammen mit einer Arbeitslosenquote, die fast auf Vorkrisenniveau liegt, hat diese Entwicklung zu einem weiteren Abflachen der US-Renditekurve geführt. Die Erwartung weiterer Zinserhöhungen in naher Zukunft hat die kurzfristigen Renditen steigen lassen, jedoch sind die langfristigen Renditen dieser Entwicklung nicht gefolgt. Dies deutet darauf hin, dass die Investoren davon ausgehen, dass die Fed aufgrund ihres rechtzeitigen Handelns dann in Zukunft weniger Eingriffe tätigen muss.
Peripherieländeranleihen bleiben weiterhin sehr volatil, da die Investoren befürchten, dass die EZB-Unterstützung nach dem Ende des Pandemie-Notfallkaufprogramms (PEPP), das die Zentralbank für März 2022 angekündigt hat, nachlässt. Unter den Investoren wächst die Unsicherheit, wie lange die EZB wohl ihre Anleihekäufe in großem Umfang fortsetzt, während andere Zentralbanken restriktiver werden. Ein Beispiel dafür ist die BoE, die am vergangenen Donnerstag eine Zinserhöhung beschloss. Diese Unsicherheit dürfte zwar auf kurze Sicht anhalten, aber wir bleiben im Hinblick auf Peripherieländeranleihen für das Gesamtjahr 2022 dennoch zuversichtlich. Diese Papiere werden weiter von einer pro-europäischen Fiskalpolitik profitieren, die sich insbesondere in der Umsetzung des Europäischen Aufbauplans spiegelt.
Nachdem die Spreads (Risikoaufschläge) vor allem im November deutlich gestiegen sind, bieten Unternehmensanleihen sowohl im Investment-Grade- als auch im Hochzinssegment trotz der Erholung, die diesen Monat bereits stattgefunden hat, Potenzial für einen Rückgang der Spreads. Als Investment-Grade-Anleihen bezeichnet man Anleihen mit hoher Bonität. Die Unternehmen profitieren von guten Fundamentaldaten, insbesondere von hohen Gewinnmargen und einer niedrigen Verschuldung. Eine allmähliche Senkung der Staatsausgaben dürfte durch einen Anstieg des privaten Konsums ausgeglichen werden, denn Europas Privathaushalte haben reichlich Erspartes, das sie ausgeben können. Vor allem das Hochzinssegment profitiert von Rating-Verbesserungen und wenigen Zahlungsausfällen. Das Ende des PEPP verringert zwar die Unterstützung für Investment-Grade-Unternehmensanleihen, aber die EZB wird mit ihren anhaltenden Käufen von Unternehmensanleihen weiterhin für technische Unterstützung sorgen.
Dies war der letzte Wochenkommentar des Jahres. Wir freuen uns schon jetzt auf den ersten Wochenkommentar am 10. Januar 2022. Die Bethmann Bank wünscht ihnen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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