
Wochenkommentar: Die Fed gibt weiter den Ton an
Die Geldpolitik bleibt weiter im Mittelpunkt des Marktgeschehens. Während die Aktienmärkte zu Beginn der vergangenen Woche auf ein Ende der Zinsanhebungen durch die Fed in 2023 spekulierte und zu Stärke neigten, endete die Woche mit einem Kater.
Die Marktteilnehmer scheinen ihren Fokus von der Inflation auf die potenziellen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von steigenden Zinsen verlagert zu haben. Ihrer Einschätzung nach könnten die Zentralbanken bei den Zinserhöhungen zu aggressiv vorgehen und die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen. Auch die Notenbank in Australien machte in diese Richtung gehende Andeutungen, als sie die Zinsen nur um 50 Basispunkte anhob. Wenn die Aktienmärkte in so einem Umfeld steigen, steckt dahinter die Annahme, dass die Zentralbanken ihre Zinserhöhungen einstellen, wenn sich negative Auswirkungen auf die Konjunktur ergeben.
Die Marktstimmung war in den vergangenen Wochen bereits sehr negativ. Das zeigt sich schon an der großen Zahl an Put-Optionen, die das Recht verbriefen, einen Vermögenswert an einem bestimmten Termin zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Solche Papiere kaufen Investoren, wenn sie von fallenden Kursen ausgehen. Zwischenzeitliche Bärenmarktrallys (steigende Kurse) können einsetzen, weil Marktteilnehmer wieder anfingen zu kaufen; in der Folge müssen die Shorts (Investoren, die auf fallende Kurse setzen) ihre Verluste begrenzen, was wiederum zu weiteren Kurssteigerungen führt.
Doch in unseren Augen ist die Zwischenrally vor einer Woche zu früh gewesen. In der Regel zahlt es sich aus, auf die Fed zu hören und nicht gegen sie zu wetten. Und die Fed hat klipp und klar gesagt, dass für sie die Inflationsbekämpfung Priorität hat. Das bedeutet, die US-Notenbank wird die Teuerung bis zum bitteren Ende bekämpfen, auch wenn sie dadurch eine Rezession auslöst oder begünstigt.
Daher favorisieren wir weiterhin eine Untergewichtung von Aktien, denn in unseren Augen ist noch kein Ende der geldpolitischen Verknappung der Fed in Sicht. Darüber hinaus rechnen wir in der kommenden Berichtssaison mit negativen Überraschungen bei den Quartalszahlen der Unternehmen, was ein zusätzliches Risiko von Kursverlusten birgt.
Anleihen: Kommt da ein Zug entgegen oder ist das Licht am Ende des Tunnels?
Es klingt nach einem Zug! Daher werden die Anleiheinvestoren die wichtigen Wirtschaftsdaten der kommenden Woche genau verfolgen, während die US-Notenbank ihre Zinserhöhungen fortsetzt, um die hohe Inflation zu bekämpfen und ihre Glaubwürdigkeit zu verteidigen. In der Folge ist es möglich, dass die Zinserhöhungen der Fed dem Wirtschaftswachstum schaden und die US-Wirtschaft in eine (milde) Rezession drücken – obwohl es kein sicheres und schnelles Gegenmittel für die hohe Inflation gibt.
Normalerweise hebt die US-Notenbank Fed ihren Leitzins auf ein Niveau an, das über dem Spitzenwert der Kerninflationsrate liegt. Deshalb werden sich die Anleiheinvestoren diese Woche sowohl auf die Veröffentlichung des Protokolls der geldpolitischen Sitzung der Fed am Mittwoch als auch auf die Inflationsdaten am Donnerstag konzentrieren. Schätzungen von Volkswirten zufolge dürfte die Gesamtinflation (Headline-Inflation) in den USA von 8,3 % auf 8,1 % fallen, während die jüngste Handelsaktivität am Markt für Inflations-Swaps eine Headline-Inflation von 7,7 bis 8,15 % signalisiert.
Anders als im vergangenen Monat, als die Kerninflation über den Erwartungen lag und damit überraschend auch die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen steigen ließ, gehen die Marktteilnehmer diesmal davon aus, dass die Teuerung erneut das Hoch des März-Zyklus bei mindestens 6,5 % testet. Deshalb ist es schwierig, klar vorherzusagen, in welche Richtung sich die Benchmark-Rendite auf US-Staatsanleihen in den kommenden Wochen entwickeln wird. Selbst ein Test der unteren Begrenzung der Handelsspanne um die Marke des Widerstands bei 3,5 % ist nicht auszuschließen.
Da nicht davon auszugehen ist, dass die US-Fed ihren Leitzins beim ersten Anzeichen einer konjunkturellen Abkühlung gleich wieder senkt, wird es für Unternehmensanleihen schwierig bleiben – sowohl im Investment-Grade- als auch im Hochzinssegment. Da die Liquiditätslage am Markt für US-Staatsanleihen (Treasuries) allmählich schwierig wird, dürfte die Volatilität bei Unternehmensanleihen hoch bleiben und der Spielraum für niedrigere Risikoaufschläge (Spreads) gering sein. Somit dürften Phasen der Risikobereitschaft, zum Beispiel in Folge einer weniger drastischen Erzeugerpreisentwicklung (Veröffentlichung am Mittwoch) oder höherer nominaler Renditen, die Investoren anlocken könnten, von kurzer Dauer sein. Früher oder später dürfte die Liquidität und nicht mehr die Inflation das Hauptproblem sein.
Vor dem Hintergrund der Risiken und Herausforderungen, die wir sehen, verfolgen wir in der Portfoliopositionierung einen ausgewogenen Ansatz.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
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