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Wochenkommentar: Die Unternehmen öffnen ihre Bücher

Der Buchstabe "R" ist zurückgekehrt

Der Sommer geht zu Ende und der Monat September hat begonnen. Das bedeutet auch, dass der Buchstabe "R" wieder im Namen des Monats vorkommt. Gleichzeitig ist das "R-Wort" - Rezession - etwas mehr in den Hintergrund gerückt. In unserem Wirtschaftsszenario gehen wir davon aus, dass die USA einer Rezession entgehen werden.

Dennoch werden die letzten vier Monate dieses Jahres mit Sicherheit interessant werden. Sind die Zentralbanken mit den Zinserhöhungen fertig und haben sie den Kampf gegen die Inflation "gewonnen"? Bleibt der Arbeitsmarkt stark oder wird er sich abkühlen? Und wie entwickelt sich die Wirtschaft Chinas? Fragen, auf die wir in den kommenden Wochen und Monaten sicherlich Antworten erhalten werden. Doch zunächst einmal: Was hat es mit dem Buchstaben "R" in diesem Monat auf sich?

Der "September-Effekt" ist ein oft genanntes Phänomen. Der September ist im Allgemeinen nicht der beste Monat für Aktienanleger. Historische Zahlen zeigen sogar, dass der September im Durchschnitt der schlechteste Monat des Jahres ist. Allerdings nicht in jedem Jahr. Die Schwäche des Septembers wird größtenteils auf saisonale Verhaltensweisen zurückgeführt, da Anleger oftmals ihre Anlageportfolios anpassen. So laufen die Geschäftsjahre vieler Investmentfonds bis Ende September, was bedeutet, dass sie ihre Portfolios umschichten. 

Der Oktober wird oft als der Monat der Crashs angesehen. Zwar gab es in diesem Monat einige Marktkorrekturen, doch ist der Oktober nicht anfälliger für schlechte Zeiten als die anderen elf Monate des Jahres. Dennoch hat der "Oktober-Effekt" eine psychologische Wirkung auf das Anlegerverhalten. November und Dezember schließlich gelten als die Monate der "Jahresendrallye". Der November ist im Allgemeinen ein guter Monat für Aktienanleger, und auch die Renditen im Dezember sind im Durchschnitt positiv.

Aus historischer Sicht ist es notwendig, die Monate September und Oktober zu "überleben", um sich zum Jahresende hin positiv zu entwickeln. Angesichts der durch die Corona-Pandemie verursachten Störungen stellt sich jedoch die Frage, ob sich die Geschichte auch dieses Mal wiederholen wird.

Anleihen: Haben die Zentralbankzinsen ihren Höhepunkt bereits erreicht?

In der Vergangenheit war das Erreichen eines Höchststandes bei den Leitzinsen der Zentralbanken ein wichtiges Signal für Anleiheinvestoren. Seit 1982 erreichten die Leitzinsen in Europa viermal und in den USA sechsmal ihren Höhepunkt. Im Durchschnitt senkten die Zentralbanken die Zinsen innerhalb von sechs Monaten wieder. Doch wie lässt sich ein Höchststand feststellen?

In Erwartung eines Höchststandes fielen die langfristigen Renditen immer schon vor der letzten Zinserhöhung, allerdings nicht immer um sehr viel. Während des Höchststandes der Leitzinsen fielen die Renditen immer weiter, was sich in der Regel nach der ersten Zinssenkung beschleunigte.

Im Nachhinein kann man leicht zu dem Schluss kommen, dass sichere Staatsanleihen und die Politik der langen Laufzeiten um den Höhepunkt der Leitzinsen der Zentralbanken herum gut funktioniert haben. Das Problem ist jedoch, dass die Anleger erst dann sicher sein können, dass die Zentralbankzinsen ihren Höhepunkt erreicht haben, wenn die erste Zinssenkung erfolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Hälfte des Renditerückgangs bereits eingetreten, während der Rest schnell folgte. 

Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Leitzinsen der Zentralbanken sowohl in Europa als auch in den USA im Juli ihren Höhepunkt erreicht haben. Allerdings sind beide Zentralbanken noch im Zweifel, ob sie die Zinsen ein weiteres Mal anheben sollten - die Europäische Zentralbank (EZB) mehr als die US-Notenbank (Fed).

Die Fed könnte immer noch davon überzeugt werden, in zwei Wochen eine weitere Zinserhöhung vorzunehmen, wenn die Inflationszahlen in der nächsten Woche viel zu hoch ausfallen würden. Nur die jüngste Reihe starker Konjunkturdaten würde wahrscheinlich nicht ausreichen. Immer mehr Fed-Vertreter signalisieren, dass es diesmal keine Zinserhöhung geben wird, und die Marktpreise zeigen, dass die Anleger damit einverstanden sind. 

Die EZB wird bereits nächste Woche entscheiden, ohne dass nennenswerte neue Daten vorliegen. Die europäische Wirtschaft schneidet deutlich schlechter ab als die US-Wirtschaft, aber die Inflation war stabiler und die Leitzinsen sind immer noch niedriger, da die EZB erst später mit Zinserhöhungen begonnen hat. Die Marktpreise zeigen, dass die Anleger die Chancen nicht weit von 50 % entfernt sehen. 

Die Renditen sind im September aufgrund guter US-Daten gestiegen und bieten Anlegern, die bisher abgewartet haben, einen noch besseren Einstiegspunkt für den Kauf sicherer Staatsanleihen oder die Verlängerung der Duration. Die Kommunikation der Zentralbanken könnte ebenso wichtig sein wie ihre eigentlichen Entscheidungen. 

 
 
 
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
 
Foto: ChiccoDodiFC / Shutterstock.com