
Wochenkommentar: China im Blickfeld der Börsen
Die Geopolitik spielte in dieser Woche eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Aktienmärkte.
Verhandlungen zu den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sowie Gespräche über die Zukunft der Ukraine prägten das Wochengeschehen. In Europa sorgte die Aussicht auf höhere staatliche Ausgaben für die Verteidigung für eine Rallye bei Rüstungsaktien. Industriegüter und Dienstleistungen, zu denen die meisten Rüstungsaktien gehören, verzeichneten eine starke Woche.
Chinesische Aktien zogen auch aufgrund des öffentlichen Treffens von Präsident Xi Jinping mit mehreren führenden chinesischen Technologieunternehmern, darunter Jack Ma von Alibaba, die Aufmerksamkeit auf sich. Diese Treffen wurden als Zeichen dafür gewertet, dass die chinesische Regierung bereit ist, ihren Technologiesektor im Falle eines Handelsstreits mit den USA zu unterstützen.
An den Anleihemärkten hat Trumps Wahlsieg zu einer starken Versteilerung der US-Renditekurve geführt. Es ist noch nicht vorbei. Seine unberechenbare Haltung zu Zöllen hallte über den Atlantik und wirkte sich auch auf die europäischen Renditekurven aus. In den letzten Wochen hat die anhaltend hohe Inflation sowohl in den USA als auch in der Eurozone noch Öl ins Feuer gegossen. Während sich in den USA mit einer leichten Umkehr der Renditebewegung eine gewisse Erleichterung einstellte, zeigt sich in Europa ein anderes Bild.
Der selbsternannte "Dealmaker" Donald Trump hat nun die Verteidigungsausgaben der EU ins Visier genommen und fordert nicht nur ein größeres finanzielles Engagement, sondern auch eine aktive Beteiligung am Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Währenddessen befindet sich Deutschland, das einst die EU anführte, in einem Zustand der politischen Lähmung und ist im Wahlfieber gefangen. Umfragen deuten auf einen Wahlsieg der CDU mit Spitzenkandidat Friedrich Merz.
Vor etwa einem Jahr hat sich Merz entschieden gegen eine Änderung der Schuldenbremse ausgesprochen. In letzter Zeit hat sich der Kanzlerkandidat der CDU jedoch offener für Reformen gezeigt. Während die meisten Parteien Investitionsstrategien ähnlich Draghis Plan unterstützen und die Schuldenbremse ablehnen, ist nur die rechtspopulistische AfD weiterhin strikt gegen eine Lockerung. Folglich könnte Merz eine Schlüsselrolle bei der Reform der Schuldenbremse spielen, eine Zweidrittelmehrheit sichern und Strukturreformen in Deutschland erleichtern.
Diese Ungewissheit lässt das lange Ende der europäischen Renditekurve ansteigen. Die Debatte über die deutsche Schuldenbremse, die potenzielle Vergemeinschaftung von EU-Schulden zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft, höhere Verteidigungsausgaben und die Unterstützung für die Ukraine tragen alle zu höheren Risikoprämien bei. Die Märkte sind angespannt und warten darauf, wie sich diese geopolitischen und wirtschaftlichen Verhandlungsfelder entwickeln.
Die europäischen Anleger können weiterhin mit einer Divergenz in der Geldpolitik zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank rechnen. Während Zinssenkungen in den USA in diesem Jahr unwahrscheinlich sind, rechnen wir weiterhin mit geldpolitischen Impulsen der EZB und sechs weiteren Zinssenkungen im Jahr 2025. Daher sind wir trotz der steileren Renditekurve mit europäischen Staatsanleihen zufriedener, insbesondere weil die Kreditrisikoaufschläge in Europa höher sind als in den USA.
Redaktionsschluss: donnerstags 15 Uhr