
Wochenkommentar: Aktienkursgewinne trotz US-Zinswende
Die Aktienmärkte haben sich von den Verlusten der vorvergangenen Wochen wieder erholt, während die Ölpreise nachgegeben haben. Auch wenn es keinen Waffenstillstand gibt, finden zumindest Gespräche zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Kriegs statt. Der Volatilitätsindex VIX ist ein wenig gefallen, wenngleich er sich immer noch auf einem hohen Niveau befindet.
Besonders hoch war die Volatilität in der vergangenen Woche an den chinesischen Märkten. Der Hang Seng Index verlor gleich zu Wochenbeginn über 10 %. China kämpft wieder mit steigenden Corona-Infektionszahlen. So hat die chinesische Regierung in Shenzhen, einer Stadt mit 17 Millionen Einwohnern, erneut einen Lockdown verhängt. Shenzhen ist die IT-Hauptstadt Chinas. Deshalb traf diese Nachricht vor allem chinesische IT-Aktien. Einige dieser Titel waren bereits seit einiger Zeit unter Druck gewesen. Am Mittwoch versprachen Chinas Behörden dann jedoch, die Märkte zu unterstützen; man sei auch in Gesprächen mit den USA über chinesische Aktien, die an US-Börsen notiert sind. China und die USA arbeiten gemeinsam an Regeln für das Listing chinesischer Unternehmen an US-Börsen. Nach diesen Ankündigungen schnellte der Hang Seng Index um rund 8 % nach oben.
Die US-Notenbank Fed kündigte am Mittwoch an, den Leitzins um 25 Basispunkte zu erhöhen. Dies ist die erste Zinserhöhung seit 2018. Die Gründe für die Anhebung der Zinsen sind die hohe Inflation, in Verbindung mit einem engen Arbeitsmarkt. Die Zentralbank teilte mit, die Bekämpfung der Inflation werde in den USA nicht zu einer Rezession führen. Die Aktienmärkte hatten die Zinserhöhung bereits erwartet und reagierten positiv.
Aus Sektorperspektive entwickelten sich der zyklische Konsum, Finanzen und IT am besten, während Energie, Grundstoffe und Versorger hinterherhinkten. Bei Aktien entwickelten sich vergangene Woche die Industrieländer besser als Schwellenländer.
Anleihen: USA und China machen ihre Absichten deutlich
Die Rendite auf 10-jährige US-Staatsanleihen tendiert nach oben: Seit Anfang März sind sie von 1,72 % auf 2,20 % gestiegen. Die Investoren hatten damit gerechnet, dass die US-Fed anfängt, die Zinsen zu erhöhen und die Preisstabilität zu priorisieren. Am Mittwoch hob die Fed den Leitzins um 25 Basispunkte an. Die US-Geldpolitiker signalisierten, dass die Fed Funds Rate 2023 auf 2,8 % steigen und sich später um die Marke von 2,4 % einpendeln könnte. Dies gilt als angemessenes Niveau, bei dem sowohl das US-Wirtschaftswachstum als auch die Inflation bei rund 2 % liegen können. Vorerst scheint die Preisstabilität der bestimmende Faktor für das Handeln der Fed zu sein. So beabsichtigt die Fed mit einer restriktiveren Geldpolitik der Inflation gegen zu wirken, um eine weiche Landung der US-Konjunktur sicherzustellen.
Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte der chinesische Staatsrat eine Mitteilung, die sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf den Zeitpunkt wichtig ist. So verspricht die chinesische Regierung unter anderem, für Stabilität an den Kapitalmärkten zu sorgen und im Ausland notierte chinesische Aktien zu unterstützen. Dies dürfte einem weiteren Übergreifen der Probleme des chinesischen Aktienmarkts auf die Anleihemärkte einen Riegel vorschieben. Hätte Chinas Regierung nicht reagiert, hätten weitere chinesische Unternehmen praktisch den Zugang zu internationalen Fremdkapitalmärkten verlieren können. Dies hätte wiederum chinesische Emittenten von Hochzinsanleihen erheblich unter Druck setzen können, die in Chinas Immobiliensektor stark vertreten sind.
Die negative Stimmung der internationalen Investoren im Hinblick auf Russland könnte leicht auf China übergreifen. Insofern erinnert die Mitteilung der chinesischen Behörden an Mario Draghis Versprechen, die EZB werde „tun, was auch immer erforderlich ist“, um den Euro zu bewahren.
Da der chinesische Staat und die Notenbank klar Stellung beziehen, wird die Liquidität im Markt unterstützt. Riskantere Vermögenswerte profitieren von dieser Entwicklung. Die Risikoprämien auf Unternehmens- und Schwellenmarktanleihen verzeichneten in den letzten Tagen einen leichten Rückgang.
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