Javascript is required
 

Wochenkommentar: Abwartende Haltung

Wochenkommentar: US-Märkte steigen auf Vor-Corona-Niveau

Die Aktienmärkte sind vergangene Woche etwas unter Druck geraten. Jetzt, wo die Corona-Infektionszahlen weltweit wieder in die Höhe schnellen, bleiben viele Investoren lieber an der Seitenlinie und warten die weitere Entwicklung ab. Dies gilt umso mehr, da nun auch noch die US-Wahl unmittelbar bevorsteht. 

Die Märkte stellen sich zwar zunehmend auf einen Sieg Bidens ein, eine starke Überzeugung fehlt aber nach wie vor. Dies hat maßgeblich mit dem überraschenden Ergebnis vor vier Jahren zu tun. Das schlimmste Ergebnis für die Finanzmärkte wäre kein Ergebnis: ein Szenario, in dem es am Wahlabend keinen klaren Sieger gibt. Die Aussicht auf eine längere Phase ohne klare Machtverhältnisse in einer der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt würde die Märkte auf einige Zeit hinaus ernsthaft belasten. Nicht zuletzt, weil dies auch die Verhandlungen zwischen Republikanern und Demokraten über ein weiteres Hilfspaket weiter behindern würde; diese Gespräche kommen im Vorfeld der Wahl seit einigen Monaten schon nicht mehr voran.

Wir sind jetzt außerdem in der zweiten Woche der Berichtssaison, und die überwiegende Mehrzahl der bislang vorgelegten Zahlen liegt über den Erwartungen, wenngleich sie unter den Vorjahreswerten liegt. Der Trend ähnelt der Entwicklung, die wir im Juli gesehen haben, als die Unternehmen ihre Zahlen für das zweite Quartal – das erste volle Quartal nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie – vorlegten. Doch nicht alle Unternehmen übertreffen die Erwartungen. Während die Gewinnprognosen in letzter Zeit für die meisten Firmen gesenkt wurden, sehen sich manche Unternehmen deutlich höheren Erwartungen gegenüber.


Die Fed hat noch ein Ass im Ärmel 

Für Investoren, die gehofft hatten, dass deutsche Staatsanleihen und weitere Staatsanleihen der europäischen Lernländer einen Risikopuffer bieten würden, hat sich die Coronakrise bislang als Enttäuschung erwiesen. Anleger, die US-Treasuries und verwandte Schuldtitel halten, hatten mehr Glück.

Zum Zeitpunkt des Coronavirus-Ausbruchs hatte die Fed noch etwas Spielraum, die Zinsen um 1,5 % auf Null zu senken, und das tat sie auch unverzüglich. Die Zinsen auf US-Staatsanleihen (Treasuries) fielen seit dem 19. Februar 2020 um 1 % und bescherten Investoren eine Kurssteigerung von bis zu 7 % als Ausgleich für Verluste aus riskanteren Portfoliopositionen. 

Inzwischen sind die Notenbanken aller Industrieländer in einer ähnlichen Lage: Die Zinsen liegen in der Nähe ihrer Tiefstände. Die Zentralbanken werden über die „Forward Guidance“ (bei denen sie Informationen zur künftigen Geldpolitik geben) zunehmend versuchen, die Zinsen entlang der gesamten Kurve niedrig zu halten. Die Fed könnte sogar zu einer „Renditekurvensteuerung“ übergehen, wie es die Bank of Japan vor einigen Jahren tat (Renditekurvensteuerung: Kauf von Anleihen mit langer Laufzeit, um die Zinsen auf vorher festgelegte Niveaus zu drücken). Anders als die Zentralbanken in anderen Industrieländern hat die Fed aber ein letztes Ass im Ärmel: Sie kann immer noch negative Zinsen einführen, die in Europa und Japan längst Realität sind.

Vor diesem Hintergrund und nachdem die US-Treasury-Kurve jüngst steiler geworden ist, wird das lange Ende der US-Renditekurve auf dem aktuellen Stand im Vergleich zu europäischen risikofreien Anlagen immer attraktiver. Wir rechnen damit, dass die Fed auf viele Jahre hinaus die Zinsen nicht anheben wird, mindestens bis 2025. Es bedarf eines starken Wirtschaftswachstums, bevor die Inflation ihr Comeback feiern kann, nachdem sie jetzt schon seit einem Jahrzehnt durch Abwesenheit glänzt. 

Was unsere aktuelle Allokation betrifft, sind wir der Überzeugung, dass Unternehmensanleihen erheblich von fiskal- und geldpolitischer Unterstützung profitieren. Deshalb halten wir in unserer Strategie an der leichten Übergewichtung von Staatsanleihen europäischer Peripherieländer und einer deutlich stärkeren Übergewichtung von europäischen Unternehmensanleihen fest. Darüber hinaus geben wir weiterhin Schwellenmarktanleihen den Vorzug vor Hochzinstiteln, weil wir in den Schwellenländern mehr Wertpotenzial sehen. Hochzinstitel sind unserer Einschätzung nach teuer und volatil, insbesondere in einem Double-Dip-Szenario. Außerdem könnten sich die Erwartungen zu den bevorstehenden Zahlungsausfällen als etwas zu optimistisch erweisen...


Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.


Foto: Ersler Dmitry / Shutterstock.com