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Trump legt den Welthandel in Fesseln

Willkommen im letzten Jahrhundert. Am gestrigen „Befreiungstag“ hat US-Präsident Donald Trump eine Handelspolitik angekündigt, wie sie zuletzt in den 1930er Jahren umgesetzt wurde: eine von Isolationismus geprägte Politik, die über Zollbarrieren den Binnenmarkt abschottet und den heimischen Industriestandort zu stärken versucht.

Ab dem 5. April wird ein genereller Basiszoll in Höhe von 10% auf Einfuhren in die USA gelten. Zusätzlich werden ab dem 9. April „reziproke“ Zölle erhoben, die auf länderspezifische Handelsbarrieren Bezug nehmen, wobei erhebliche Ausnahmen bestehen.

In der Summe könnte die gewichtete, durchschnittliche Zollrate der USA von 2,5% im Jahr 2024 auf nun über 18% steigen.

An den Kapitalmärkten wurde bereits in den vergangenen Wochen mit einem scharfen Kurs des US-Präsidenten gerechnet. Der amerikanische Aktienmarkt korrigierte von seinen Höchstständen Mitte Februar und entwickelt sich im Jahresverlauf bereits merklich schwächer als beispielsweise die europäischen oder chinesischen Börsen. Am heutigen Handelstag sehen wir in einer ersten Reaktion Abschläge von 2-4% an den Aktienmärkten rund um den Globus.

Zwei Fragen bewegen die Märkte: welche Halbwertszeit haben die Informationen des gestrigen Abends und welche Auswirkungen dürften sich für Wirtschaftsräume und Sektoren ergeben?

Die Schlagzeilen werden nicht aufhören

Trump setzt ein Statement und setzt seine Zölle entgegen früherer Vorgehensweise mit sofortiger Wirkung ein. Für bislang wichtige Handelspartner liegen die reziproken Zölle nun auf Niveaus von 20% für die EU, 24% für Japan, 32% für Taiwan oder 34% für China. Für die Kapitalmärkte bleibt die Unsicherheit vorerst hoch. Während wir davon ausgehen, dass die Verhandlungen mit den Handelspartnern zu letztlich niedrigeren Zollsätzen führen, steht vorerst eine Phase von Gegenreaktionen und möglichen Vergeltungszöllen an. Die Märkte bleiben in den kommenden Wochen unruhig. Tägliche Meldungen über den Verlauf von Verhandlungen werden das Börsengeschehen prägen.

US-Handelspolitik wird zur Belastung der eigenen Konjunktur

Die „Reindustrialisierung“ der USA, die Donald Trump beabsichtigt, wird zur Belastung der US-Konjunktur. US Verbraucher werden in den kommenden Monaten mit merklich steigenden Preisen zu kämpfen haben, beispielsweise für Lebensmittel, Medikamente oder Konsumgüter wie Autos.

Während Donald Trump bei der Pressekonferenz gestern Abend im Rosengarten des Weißen Hauses vermeintlich glückliche Autobauer aus Detroit präsentierte, wird die US-Automobilindustrie vor großen Problemen stehen. Zölle gegenüber Mexiko dürften Neuwagen in den USA um mehrere tausend US-Dollar verteuern. Möglicherweise werden sich Anbieter auf margenträchtige Modelle im höheren Preissegment fokussieren. Auf den internationalen Weltmärkten dürften die USA im Wettbewerb zurückfallen, insbesondere beim Thema Elektromobilität, wo chinesische Unternehmen bereits heute massive Kostenvorteile geltend machen.

Auch für US-amerikanische Technologiekonzerne werden die Probleme größer. Während der Zollkonflikt in Trumps erster Amtsperiode dazu führte, dass Unternehmen wie Apple Produktionsstätten aus China heraus in andere asiatische Länder verlagerten, wird die neue Handelspolitik kein Entkommen ermöglichen. Vietnam und Indien, die großen Profiteure der Verlagerung von Lieferketten, werden ab dieser Woche mit Zöllen von 46% bzw. 26% belegt. Insgesamt sind diese Schwellenländer sehr stark von reziproken Zöllen betroffen. US-amerikanische Technologiekonzerne im Bereich Smartphones und Hardware haben bereits merkliche Kursrückschläge in den letzten Wochen erleiden müssen.

Implikationen für Anleger

Ein Umfeld erratischer politischer Meldungen ist kein gutes Umfeld, um über den Aus- oder Einstieg aus bzw. in Märkte zu entscheiden. Vielmehr braucht es Entscheidungen Portfolien wetterfest zu machen. Der konjunkturelle Ausblick der USA wird sich eintrüben. Auch wir werden in Kürze aktualisierte  Wachstumsprognosen veröffentlichen.

Die Implikationen der neuen Handelspolitik werden insbesondere auf Ebene von Sektoren und einzelnen Unternehmen zu suchen sein. In unserer Portfoliostrategie haben wir bereits in den letzten Monaten Unternehmen gemieden, welche von einer Disruption von Lieferketten besonders betroffen sein könnten. Sektoren, wie beispielsweise Automobil- oder Chemieindustrie, die vom globalen Handel leben, meiden wir vorerst gänzlich. Zeitgleich befinden sich Unternehmen in unseren Portfolien, die bereits über einen hohen Produktionsanteil in den USA verfügen.

Anleger sollten sich bewusst sein, dass ein Regimewechsel stattfindet. Der Einfluss der großen US-Technologiekonzerne auf die US-Börsen wird sich reduzieren. Dies hat Konsequenzen für den US-Aktienmarkt, der auf Indexebene möglicherweise zurückbleibt, da Tech-Werte einen hohen Teil des Index ausmacht. Diversifikation zahlt sich wieder aus.

In den kommenden Monaten kommt es auf ein robust aufgestelltes Portfolio an, dass auch wieder Chancen in Regionen und Sektoren sucht, die lange Zeit vernachlässigt wurden. Unser Ansatz, Anlagegelder aus dem US-Raum in den Euroraum zu holen zahlt sich aus. Während sich die Diskussionen in den USA um Zollbarrieren drehen, zeigt sich Europa von fiskalischen Impulsen beflügelt. Wachstumsprognosen für den Euroraum unterliegen aktuell eher positiven Revisionen. Branchen wie der europäische Finanzsektor zeigt sich gänzlich unkorreliert zu den aktuellen Entwicklungen in den USA und profitiert von den Aussichten auf verbessertes Wachstum.

Wir sind von der Bilanzqualität und den Geschäftsmodellen unserer Portfoliounternehmen überzeugt. Eine gute Voraussetzung, um durch erratische Marktphasen zu manövrieren und Chancen zu nutzen.