
Schockwellen aus dem Silicon Valley
Am Ende der vergangenen Woche haben Finanzwerte sowohl in Europa als auch in den USA starke Kursrückgänge erlebt. Der Grund dafür sind Probleme bei einer lokalen Bank in San Francisco. Dort musste die Silicon Valley Bank große Verluste bei (Unternehmens-)Anleihen hinnehmen, da zu viele Kunden der Bank ihre Einlagen abzogen. Die Rentenpapiere mussten verkauft werden, um genügend Geld freizusetzen, was aber aufgrund des starken Zinsanstiegs mit erheblichen Verlusten verbunden war. Die Befürchtung am Markt war, dass auch andere Banken zu solchen Maßnahmen gezwungen sein könnten und ebenfalls Verluste hinnehmen müssen.
Wie sehr eine Bank diesem Risiko ausgesetzt ist, hängt in hohem Maße von der Kundenbasis der Bank ab. Die Silicon Valley Bank hat vor allem Start-ups und Risikokapitalgeber als Kunden. Diese Gruppe hat im derzeitigen Markt höheren Finanzierungsbedarf schneller und muss daher vermehrt auf ihre Einlagen zugreifen. Banken mit einem stärker diversifizierten und weniger konzentrierten Kundenstamm sollten in der Lage sein, einer solchen Entwicklung zu trotzen.
Risiken scheinen für Großbanken begrenzt
Da die Zinssätze sowohl in den USA als auch in Europa stark gestiegen sind und die Einlagen- und Sparzinsen bei vielen Geschäftsbanken nicht in gleichem Maße zugenommen haben, nimmt die Differenz zwischen dem Leitzins (Fed und EZB) und dem Einlagenzins der Banken weiter zu. Dies hat zur Folge, dass die Banken einen relativ größeren Abfluss von Einlagen in höher verzinste Anlagen verzeichnen. Um mehr Einlagengelder zu halten und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Banken ihre Zinssätze anpassen. Das kann die Zinsspanne und die Gewinne drücken.
Allerdings scheint das Risiko derzeit vor allem bei kleineren Banken mit einem weniger diversifizierten Kundenstamm zu liegen. Viele der großen Banken verfügen über eine solide Kapitalposition und eine sehr starke Bilanz. Viele Banken haben in ihrem Anlageportfolio auf variabel verzinste Anleihen umgestellt, so dass das Zinsrisiko reduziert wurde. Wenn sie einen Abfluss von Einlagen in gleichem Maße erleben sollten, sind sie weniger betroffen. Dies ist jedoch ein weiteres Signal dafür, dass höhere Zinssätze nicht nur positive Auswirkungen für die Banken haben und dass das Gleichgewicht zwischen Krediten und Einlagen richtig gesteuert werden muss.
Behörden ergreifen entscheidende Maßnahmen
Nachdem die Silicon Valley Bank (SVB) am Freitag geschlossen und unter die Kontrolle der FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) gestellt wurde, konnten die Behörden den Abzug von Einlagen bei der SVB gestoppt. Allerdings wurden bereits 42 Mrd. USD abgezogen. Mit diesem Schritt haben die Behörden Zeit gewonnen, um über das Wochenende eine Lösung zu finden. Dennoch musste am Sonntag eine weitere Bank, die Signature Bank in der Region New York, ebenfalls geschlossen werden.
Schließlich ergriffen die Behörden am Sonntagabend entscheidende Maßnahmen, um das Risiko eines Dominoeffekts auf den Finanzmärkten zu vermeiden. Die Kunden der beiden gescheiterten Banken SVB und Signature Bank werden im Rahmen mehrerer Maßnahmen, die die Behörden am Wochenende beschlossen haben, ab Montag uneingeschränkten Zugang zu ihren Einlagen haben. Die Behörden, einschließlich der Fed und des Finanzministeriums, versprachen, das System mit Notliquidität zu versorgen, um eine Verschlechterung des Vertrauens in andere Institute zu verhindern.
Was bedeutet das für die Politik der Fed?
Die geldpolitische Straffung der Fed beginnt zu greifen. Obwohl es nicht wirklich wünschenswert ist, dass sich dies auf das Finanzsystem in dieser Weise auswirkt. Nach der Entschärfung der aktuellen Ansteckungsgefahr wird die Frage sein, wie die Fed ihre Geldpolitik fortsetzen wird. Aufgrund der raschen Zinserhöhungen sind die Banken gezwungen, auch die Zinssätze für ihre Einlagen zu erhöhen, aber auch den Wert der in ihren Bilanzen gehaltenen Wertpapiere zu senken.
Wird die Fed nun, da die Folgen dieser Politik aufgrund der Situation bei der SVB und darüber hinaus eine Schockwelle durch die Märkte geschickt haben, eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen? Letzten Dienstag erwähnte Powell sogar, dass die aktuellen Wirtschaftsdaten möglicherweise eine erneute Beschleunigung der Zinserhöhungen unterstützen könnten. Nächste Woche, am 22. März, wird die amerikanische Zentralbank erneut tagen und eine Zinsentscheidung treffen. Bis dahin werden Spekulationen über eine Anhebung um 50 Basispunkte, eine Anhebung um 25 Basispunkte, eine Pause oder sogar Zinssenkungen die Schlagzeilen beherrschen.
Was bedeutet das für unsere Anlagestrategie?
Eine Anhebung der Leitzinsen durch die Zentralbanken haben immer Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Finanzsektor. Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum in den kommenden Quartalen weiter verlangsamen wird, dass die Volatilität in den kommenden Monaten über dem langfristigen Durchschnitt bleiben könnte und dass unsere Positionierung in den Portfolios mit einer Untergewichtung von Aktien vorsichtig bleibt. Innerhalb des Aktienbereichs sind wir bei Finanzwerten neutral eingestellt und haben mit unserer Übergewichtung im Gesundheitswesen eine leicht defensive Ausrichtung.