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Monatsupdate jun2023

Wir sind noch nicht über dem Berg

Finanzmarkt
Die Aktienmärkte entwickeln sich relativ selbstzufrieden. Die Herausforderungen im US-Bankensektor und der Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA sind in den Hintergrund gerückt und es überwiegt derzeit eine positivere Stimmung. Die Auswirkungen der höheren Zinssätze werfen jedoch weiter ihren Schatten voraus.

Die US-Notenbank (Fed) hat vor kurzem entschieden, ihren Zinssteigerungskurs erstmalig seit Einleitung der Maßnahmen Anfang 2022 auszusetzen. Doch der Fed-Vorsitzende Jerome Powell hat gleichzeitig signalisiert, dass weitere Zinsanhebungen notwendig sein könnten. Wir gehen davon aus, dass im Juli in den USA noch eine Steigerung um 25 Basispunkte erfolgen wird.

Auch die Europäische Zentralbank hat noch nicht den Endpunkt ihrer Zinsanhebungen erreicht. Auf ihrem Treffen im Juni hob sie den Einlagenzins um 25 Basispunkte auf 3,5 % an. EZB-Präsidentin Christine Lagard erklärte darüber hinaus, dass die Inflation in der Eurozone „zu lange zu hoch“ verharren würde. Wir erwarten daher im Juli eine weitere Zinsanhebung durch die EZB, bevor auch sie ihre Zinssteigerungen einstellt.

Beide Zentralbanken haben bestätigt, dass ein Ende der Maßnahmen in Sicht ist. Wir halten das für eine gute Nachricht, da es bedeutet, dass die Inflation zwar hartnäckig, aber doch zunehmend unter Kontrolle gebracht wird. Wir sind jedoch noch nicht über dem Berg, denn die Folgen des langen Zeitraums hoher Zinssteigerungen dürften das konjunkturelle Wachstum abbremsen.

Zu erwartende Rezession

Wir sind weiterhin der Ansicht, dass uns sowohl in den USA als auch in Europa eine milde Rezession bevorsteht. In Europa wurde bereits eine technische Rezession festgestellt. Nach einem derart langen Zinssteigerungszeitraum war eine konjunkturelle Abschwächung fast unvermeidlich. In der Regel dauert es jedoch fünf bis sechs Quartale, bevor sich die volle Wirkung der Zinsanhebungen in einer Volkswirtschaft entfaltet. Einige Anzeichen dafür sind bereits jetzt offensichtlich. Die Nachfrage nach Krediten und die Kreditvergabebedingungen in den USA und Europa beispielsweise haben sich auf ein ähnliches Niveau verschlechtert, wie wir es während der Finanzkrise erlebt haben. Der erwartete konjunkturelle Abschwung dürfte auch negative Auswirkungen auf die Gewinndynamik haben, die unseren Erwartungen nach im zweiten Halbjahr in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte.

In diesem Umfeld hat das Globale Investmentkomitee auf der letzten Sitzung die Vermögensallokationen insgesamt unverändert gelassen: Aktien bleiben untergewichtet, mit einer neutralen Positionierung bei den Anleihen. Eine geringfügige Veränderung wurde jedoch bei einem kleinen Teil der festverzinslichen Anlagen vorgenommen. In dem am wenigsten aggressiven Portfolio in Bezug auf das Risiko (Kundenrisikoprofil 1) wurden die Gewichtungen in Anleihen mit höheren Risiken (Schwellenländeranleihen und Hochzinsanleihen) wie auch die Allokationen in alternativen Anlagen verkauft und der Erlös in Anleihen hoher Qualität angelegt.

Aktien weiter unter Druck

Die Aktienmärkte waren bisher überaus widerstandsfähig, wobei es bei der Wertentwicklung regionale Abweichungen gab. Europa schneidet aktuell beispielsweise schlechter ab als die USA und die Schwellenmärkte. Doch die in den US-Märkten beobachtete Stärke könnte sich als trügerisch erweisen. Obwohl der S&P 500 Index in diesem Jahr bisher um mehr als 10 % gestiegen ist, lässt sich dieser Anstieg auf die Wertsteigerungen von sieben großen Technologietiteln zurückführen. Ihre herausragende Performance kaschiert die viel bescheidenere Performance der meisten anderen US-Aktien.

Auch was das Gewinnwachstum betrifft, gibt es größere regionale Unterschiede. In den Schwellenmärkten beispielsweise entwickelte sich das Gewinnwachstum seit einigen Monaten negativ. Das Gewinnwachstum in den USA ist (im Jahresvergleich) unverändert, während sich die Gewinne in Europa weiterhin als widerstandsfähig erwiesen, da sie von einem über den Erwartungen liegenden Wirtschaftswachstum, einem schwachen Euro und dem Optimismus hinsichtlich der Verbrauchererholung in China profitieren.

Ausgehend von unseren Erwartungen für eine Rezession in den USA und der Eurozone, rechnen wir damit, dass die Gewinne in den nächsten Quartalen unter Druck geraten werden. Wir behalten daher unsere Empfehlung einer Untergewichtung bei Aktien bei. Regional betrachtet ziehen wir die Schwellenmärkte (übergewichtet) den Industrieländern (untergewichtet) vor.

Unsere Sektorallokation nimmt eine Positionierung in den Bereichen vor, wo wir Chancen sehen. Dies schließt unter anderem eine übergewichtete Positionierung in den Sektoren Informationstechnologie (IT) und Gesundheitswesen ein. Der IT-Sektor profitiert derzeit von wichtigen Trends in den Bereichen künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Sicherheit, während das Gesundheitswesen durch seine defensiven Merkmale und die Fähigkeit, einem wirtschaftlichen Abschwung zu widerstehen, attraktiv ist.

Hochwertige Anleihen attraktiv

Wir bleiben bei Anleiheinvestitionen insgesamt neutral eingestellt und innerhalb dieser Positionierung ziehen wir hochwertige Anleihen vor, darunter Staatsanleihen und europäische Unternehmensanleihen, die den Schutz einer historisch hohen Kreditqualität genießen. Diese Anleihen eignen sich auch sehr gut für die Portfoliodiversifikation und können als Puffer fungieren, wenn die Volatilität der Anlagen mit höherem Risiko steigt. Risikoreichere Anleihen wie Hochzinsanleihen und Schwellenmarktanleihen werden aufgrund der erwarteten Rezession und der engen Kreditrisikoaufschläge derzeit nicht favorisiert.

Fazit

Die Märkte haben sich stabilisiert. Wir haben jedoch nach wie vor mit den Inflationsfolgen nach der Wiedereröffnung der Volkswirtschaften nach den Pandemie-Lockdowns zu kämpfen. Die Zentralbanken haben einige Zeit gezögert, gegen die Inflation vorzugehen, doch im Anschluss entschlossen gehandelt. Die Inflation wird nun langsam unter Kontrolle gebracht und die Zentralbanken, auch wenn sie immer noch auf der Hut sind, haben bestätigt, dass ihre Zinsanhebungszyklen sich ihrem Ende nähern. Wir rechnen zum Ende des Jahres mit Zinssenkungen sowohl durch die EZB als auch die Fed.

Wir erwarten Unruhe an den Märkten, die auf die Besorgnis bezüglich der Auswirkungen der erheblichen Zinssteigerungen seit 2022 und eines sich eintrübenden Wirtschaftsumfelds basieren. Während wir mit einer vorsichtigen Positionierung reagieren, gibt es doch einige Lichtblicke für Investoren. Hochwertige Anleihen sind im Vergleich zur Kassehaltung wieder zu einer attraktiven Alternative mit besseren Renditen geworden. Darüber hinaus gibt es Bereiche der Aktienmärkte, die noch Chancen bergen. Außerhalb dieser Bereiche besteht jedoch die wichtigste Herausforderung für Aktieninvestitionen derzeit darin, dass die konjunkturelle Abschwächung unserer Ansicht nach noch nicht vollständig eingepreist wurde.

Wir glauben daher, dass eine untergewichtete Positionierung bei Aktien gerechtfertigt ist. Gut diversifizierte Portfolios sollten darüber hinaus eine ausgewogene Position bestehend aus hochwertigen Anleihen sowie einen gesunden Anteil an Barmitteln enthalten, der ausgenutzt werden kann, wenn in den kommenden Monaten sich das Anlageumfeld wieder günstiger gestaltet.

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Redaktion: Steffen Kunkel - Chief Investment Strategist
Herausgeber: ABN AMRO Bank N.V. Frankfurt Branch, Mainzer Landstraße 1, 60329 Frankfurt am Main, Telefon: +49 69 2177 – 1631

Stand 21. Juni 2023