Konjunktur schwächt sich allmählich ab

Aufgrund der steigenden Zinsen und des langsameren konjunkturellen Wachstums nimmt die Nervosität am Markt zu und die Chancen für Aktien werden 2022 geschmälert. Wir haben daher unsere Aktienpositionierung zugunsten von Barmitteln verringert.
Nach dem Rekordaufschwung im vergangenen Jahr ist der aktuelle Ausblick für Aktien von größerer Ungewissheit geprägt. Seit Anfang des Jahres sind die Märkte bereits um ca. 6–9 % gefallen. Das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne dürften bis ins Jahr 2023 hinein niedriger ausfallen als bisher erwartet. Die Inflation ist weiter hoch und wir gehen davon aus, dass die Zentralbanken im Gegenzug die Zinsen anheben und die geldpolitischen Zügel straffen werden.
Die Marktvolatilität ist bereits gestiegen, da die Inflation und die Maßnahmen der Zentralbanken die Stimmung beherrschen. Darüber hinaus beschränkt sich die Besorgnis hinsichtlich der steigenden Zinsen nicht mehr nur auf die Vereinigten Staaten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Haltung zur expansiven Geldpolitik, die sie als Reaktion auf die Pandemie und die Lockdowns verfolgt hatte, ebenfalls geändert.
Die Renditen der deutschen Bundesanleihen sind gleichzeitig mit denen der US-Staatsanleihen gestiegen und der Markt preist nun für den Juni eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) ein. Wir rechnen nicht vor Dezember mit einer Zinserhöhung durch die EZB, gehen aber davon aus, dass die US-Notenbank (Fed) im März einen längeren Zinssteigerungszyklus starten wird.
Vor diesem Hintergrund hat unser Investmentkomitee Maßnahmen eingeleitet, um das Risiko zu mindern, indem es die Positionierung in Aktien reduziert hat – und zwar von übergewichtet zu neutral. Die Erlöse werden in Barmitteln gehalten. Bei Anleihen bleibt die Allokation untergewichtet. Im Aktienportfolio wurde die Positionierung in Industriewerten reduziert (auf untergewichtet), während die Positionierung in nichtzyklischen Konsumgütern erhöht wurde (auf neutral).
Ausblick für Aktien eingetrübt
Die steigende Inflation und die Besorgnis um die sich ändernde Zentralbankpolitik während das Wachstum sich abschwächt, sorgen für den Ausblick für Aktien und das Gewinnwachstum für größere Ungewissheit. Inflation ist ein zweischneidiges Schwert, das sich sowohl auf die Verbraucherausgaben als auch die Unternehmensmargen negativ auswirkt. Die Energie- und Rohstoffpreise geben ebenso Anlass zur Sorge, da der dramatische Preisanstieg der letzten Monate die Stimmung eingetrübt und die Märkte stark verunsichert hat.
Turbulente Anleihenmärkte
Da die Inflation sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa höher ist als erwartet, sind die Anleihenmärkte von Turbulenzen geprägt. Die Auswirkungen des aggressiveren Tonfalls der EZB schlugen sich sofort auf den Märkten nieder. Die Renditen der US-Staatsanleihen stiegen auf ca. 2,0 % und die der deutschen Bundesanleihen auf 0,28 % (wenn Anleiherenditen steigen, fallen die Anleihepreise.) Wir ziehen daher weiter Hochzinsanleihen und Schwellenländeranleihen vor.
Fazit
Die Faktoren, die 2021 an den Aktienmärkten für Dynamik gesorgt haben, schwächen sich ab oder kehren sich um. Wir gehen also stattdessen von einer Verlangsamung des Wachstums und einer höheren Inflation über einen längeren Zeitraum und infolgedessen von einer weniger expansiven Zentralbankpolitik aus. Um dieser neuen Realität zu begegnen, haben wir das Risiko reduziert und unseren Barmittelbestand erhöht. Wir behalten damit eine beträchtliche Positionierung in den Aktienmärkten bei, verfügen jedoch über einen größeren Barmittelpuffer. Dies liefert uns einigen Schutz vor den volatilen Märkten, während wir gleichzeitig in der Lage sind, künftige Marktchancen zu nutzen, sobald sie auftreten.
Reinhard Pfingsten, CIO der Bethmann Bank