Die Inflation hat ihren Höhepunkt erreicht, jetzt folgt die Rezession

Dieses Jahr verlief fĂŒr Anleger und die gesamte Welt sehr turbulent. Der Ukrainekrieg und die Energiekrise bedeuteten unerwartete RĂŒckschlĂ€ge fĂŒr eine Weltwirtschaft mitten in der Erholung von einer globalen Pandemie, die zudem mit einer hohen Inflation fertig werden muss. Nun, da das Jahr sich dem Ende zuneigt, stellen die Geldpolitik der Zentralbanken und Rezessionssorgen die wichtigsten Markttreiber dar.
Die Inflation dĂŒrfte, auch wenn sie nach wie vor hoch ist, ihren Gipfel erreicht haben und nun langsam nachlassen. Die Zentralbanken heben die Leitzinsen zwar immer noch an â in den USA und Europa gab es kĂŒrzlich SprĂŒnge von jeweils 50 Basispunkten â, doch fallen diese geringer als die anfĂ€nglichen Erhöhungen aus. In der ersten HĂ€lfte 2023 dĂŒrfte es zu Ă€hnlichen oder kleineren Steigerungen kommen, doch wir gehen davon aus, dass der GroĂteil der Zinserhöhungen hinter uns liegt.
Mit dem Abflauen der Inflation steigen nun die RezessionsĂ€ngste. Eine Rezession ist keine unerwartete Konsequenz der BemĂŒhungen der Zentralbanken, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. In den USA dĂŒrfte es 2023 zu einem betrĂ€chtlichen WachstumsrĂŒckgang kommen, wĂ€hrend die Auswirkungen in Europa bereits zu sehen sind. Die europĂ€ische Rezession dĂŒrfte sich aufgrund der Auswirkungen der Energiekrise als schlimmer erweisen.
Vor diesem Hintergrund hat sich das globale Investmentkomitee dafĂŒr entschieden, die Vermögensallokation nicht zu verĂ€ndern. Sie bleibt daher weiterhin untergewichtet bei Aktien, neutral gegenĂŒber Anleihen und ĂŒbergewichtet bei Barmitteln.
Aktien unter Gewinndruck
Die Inflation zeigt erste negative Auswirkungen auf die Verbraucherausgaben sowohl in den USA als auch in Europa und beeintrĂ€chtigt zunehmend die Verkaufszahlen, die Nachfrage und infolgedessen auch die Unternehmensgewinne. Da nun eine Rezession sowohl in den USA als auch Europa erwartet wird, gehen wir nunmehr auch von einer Rezession bei den Unternehmensgewinnen aus, wenngleich hier der genaue Zeitverlauf noch ungewiss ist. Die Quartalsergebnisse waren bisher besser als erwartet, doch der Ausblick trĂŒbt sich ein. Immer mehr Analysten korrigieren ihre Gewinnerwartungen nach unten.Â
Wir gehen 2023 von einem negativen Gewinnwachstum in Europa und den USA aus. Unsere SchĂ€tzungen fallen dabei negativer als die des Konsenses aus, da wir der Ansicht sind, dass die Rezessionsrisiken noch nicht vollstĂ€ndig eingepreist sind. Wir haben uns daher entschieden, unsere untergewichtete Aktienposition beizubehalten. Was die Regionen anbetrifft, ziehen wir die USA Europa vor und sind den SchwellenmĂ€rkten neutral gegenĂŒber eingestellt. In diesem Umfeld ziehen wir die defensiveren Sektoren vor, wie nichtzyklische KonsumgĂŒter und das Gesundheitswesen.
Sichere Staatsanleihen bevorzugt
Staatsanleihen haben 2022 betrĂ€chtlich an AttraktivitĂ€t gewonnen, da ihre Renditen gestiegen sind, auch wenn dies fĂŒr Anleger ein schmerzhafter Prozess war. Die AnleihemĂ€rkte werden sich weiter entspannen, wĂ€hrend die Inflation 2023 weiter nachlĂ€sst und die Zentralbanken ihre Leitzinserhöhungen stoppen. Da wir nun jedoch in eine Rezession eintreten, geraten die (hochverzinslichen) Anleihen geringerer QualitĂ€t unter Druck. Wir ziehen daher die höherwertigen Anleihesegmente vor, wie die Kernstaatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen.Â
Der Ausblick fĂŒr 2023 hellt sich etwas auf
In diesem Monat feiern wir den zweiten Jahrestag der Entwicklung erfolgreicher Covid-Impfstoffe. Der Impfstoff stellte einen entscheidenden Schritt dar, bei der BekĂ€mpfung der Pandemie. Dadurch konnten die Volkswirtschaften die Covid-BeschrĂ€nkungen aufheben, was den AktienmĂ€rkten 2021 einen groĂen Schub verlieh. Doch die starke Erholung fachte gleichzeitig die Inflation an, die dabei kein zeitweiliges PhĂ€nomen darstellte, wie die Zentralbanken ursprĂŒnglich angenommen hatten. Die Zentralbanken zögerten damit, energische MaĂnahmen zu ergreifen, mit dem Ergebnis, dass sie nun die Leitzinsen bis in das Jahr 2023 hinein anheben mĂŒssen.
Wir sind trotzdem der Ansicht, dass 2023 fĂŒr Anleger besser als 2022 verlaufen dĂŒrfte. Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank wie auch die EuropĂ€ische Zentralbank die Zinserhöhungen Anfang 2023 beenden werden und dass es zum Ende des nĂ€chsten Jahres zu einer verhaltenen Erholung kommen wird. Unsere aktuelle Vermögensallokation (Aktien untergewichtet, Anleihen neutral, Barmittel ĂŒbergewichtet) stimmt mit unserem Ausblick ĂŒberein und verschafft uns eine gĂŒnstige Positionierung fĂŒr zukĂŒnftige Entwicklungen.
Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Jahresausblick âVon Inflation zu Rezessionâ.
Reinhard Pfingsten, CIO der Bethmann Bank