
Wochenkommentar: Wird eine Gewinnrezession kommen?
Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen und Inflationsdaten in den USA mindern die Aussicht auf ein schnelles Abklingen der Inflation, worauf sich Anleger in den letzten Monaten fokussiert hatten. Infolgedessen steigen die Renditen von US-Anleihen, da der Kapitalmarkt eine weitere Straffung durch die Federal Reserve erwartet.
Die makroökonomischen Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Die US-Aktienmärkte schnitten zuletzt wieder schlechter ab, während die Schwellenländermärkte stärker konsolidierten. Die europäischen Aktienmärkte behalten ihre starke Dynamik bei.
Auf Branchenebene haben mehrere Sektoren seit Jahresbeginn eine beeindruckende Leistung gezeigt. In den USA haben die zyklischen Konsumgüter, IT und Kommunikationsdienste seit Jahresbeginn um mehr als 15 % zugelegt. In Europa hat der Finanzsektor seit Jahresbeginn um 17 % zugelegt, wobei die Banken von den höheren Zinssätzen profitierten.
Was die Gewinnsaison betrifft, so zeichnen die Ergebnisse des vierten Quartals in den USA kein positives Bild, da die Unternehmen im S&P 500 Index im Durchschnitt einen Gewinnrückgang von 1,8 % verzeichnen. Am stärksten betroffen sind die Sektoren Kommunikationsdienste, Grundstoffe, Finanzwerte und IT mit Gewinnrückgängen von mehr als 10 %. In Europa, wo bisher etwa 50 % der Unternehmen ihre Ergebnisse für das vierte Quartal veröffentlicht haben, ist das Bild positiver: Im Durchschnitt meldeten diese Unternehmen ein Gewinnwachstum von +1,4 %.
In den kommenden Wochen werden die Anleger auf alle Entwicklungen im Zusammenhang mit der Inflationsdynamik und der erwarteten Politik der Zentralbanken achten. Weitere negative Überraschungen an dieser Front könnten das sogenannte "Goldlöckchen"-Szenario mit niedrigerer Inflation und langsamerem, aber immer noch positivem Wirtschaftswachstum in Frage stellen.
Anleihen - Die Fed hat noch einen Weg vor sich
Die in dieser Woche veröffentlichten US-Inflationszahlen für Januar zeigen, dass die jährliche Inflation den siebten Monat in Folge rückläufig ist und den niedrigsten Stand seit Oktober 2021 erreicht hat. Die monatliche Inflation verzeichnete jedoch den stärksten Anstieg seit drei Monaten - ein Zeichen dafür, dass die US-Notenbank noch einen weiten Weg vor sich hat, um die steigenden Preise einzudämmen.
Die Anleiherenditen stiegen nach der Veröffentlichung der Inflationszahlen. Die Rendite 2-jähriger Staatsanleihen stieg am Dienstag um 11 Basispunkte und erreichte am Mittwoch nach guten Daten zu den Einzelhandelsumsätzen 4,7 %. Der Markt trägt eindeutig der Tatsache Rechnung, dass die Zentralbanken möglicherweise einen längeren Zeitraum als bisher angenommen benötigen, um ihren Zinserhöhungskurs zu beenden und schließlich sogar mit Zinssenkungen zu beginnen. Diese Ansicht gewinnt seit Anfang des Monats an Dynamik, was sich in steigenden Anleiherenditen widerspiegelt. Interessant ist, dass die langfristigen Renditen stärker gestiegen sind als die kurzfristigen, wodurch die US-Renditekurve etwas weniger invers verläuft. Der implizite Zinssatz des Fed-Fund-Futures für Dezember weist eine ähnliche Entwicklung auf und ist in diesem Monat bereits um 50 Basispunkte gestiegen (Fed-Fund-Futures spiegeln die Markterwartungen hinsichtlich der Zinspolitik der Fed wider).
In Europa sehen wir einen parallelen Trend. Im Januar haben wir die Duration (Zinssensitivität) im Anleihesegment mit hoher Bonität auf ein neutrales Niveau reduziert. Seitdem ist die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen wieder auf die Rekordwerte des letzten Jahres gestiegen. Im Gegensatz zu den USA ist der Aufwärtsdruck auf die Renditen in Europa jedoch eher am kurzen Ende der Kurve zu spüren. Die Renditeaufschläge für Investment-Grade-Unternehmen liegen weiterhin in der Nähe ihres historischen Durchschnitts. Diese Renditeniveaus sind immer noch attraktiv, werden aber im Falle einer Rezession definitiv steigen.
Angesichts der Unsicherheiten in Bezug auf Inflation, Rezession und Zentralbankpolitik bevorzugen wir nach wie vor sicherere Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen. In Bezug auf die Duration behalten wir unsere neutrale Haltung bei.
Der vollständige Marktbericht steht unseren Kunden wöchentlich zur Verfügung.
Foto: g0d4ather / Shutterstock.com